Tag Archive for 'Erster Tag'

„Prekäres Arrangement auf beiden Seiten“

Nicht nur die Deutsche Bahn, sondern auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) stellt sich ihrer Vergangenheit während des Dritten Reichs.

Prof. Matthias Kleiner- Foto: cm

Mit der Wanderausstellung, die gestern Abend in der Sächsischen Staats-, Universitäts- und Landesbibliothek (SLUB) eröffnet wurde, bekennt sich die DFG zu der Unterstützung der damaligen Forschungen zum „Generalplan Ost“. „Da die DFG – damals noch die Deutsche Gemeinschaft zur Erhaltung und Förderung der Forschung – von ihrer Grundeinstellung sehr konservativ und angepasst war, kann man im Nachhinein von einem prekären Arrangement auf beiden Seiten sprechen“, erklärte Prof. Matthias Kleiner, Präsident der DFG. Im nächsten Satz räumte er ein, dass keines der damaligen Mitglieder Widerstand leistete, als nach dem 7. April 1933 keiner der jüdischen Mitarbeiter und Forscherkollegen mehr an seinem Arbeitsplatz erschien.

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Trotz Themenvielfalt ein verblüffend einhelliges Ergebnis

Im Zusammenleben der Tschechen und Deutschen ausschließlich Asymmetrien zu suchen wäre eine zu einseitige Betrachtung ihrer vielschichtigen Beziehungen - darüber waren sich alle Referenten am Ende der Sektion von Dr. Martina Schattkowsky am ersten Kongresstag einig. Schattkowsky sprach von einem Abschluss, der “optimistischer kaum sein könnte”. Auch der Wunsch nach einer nüchterneren Forschung, frei von der Umklammerung historischer Aufarbeitung, wurde einhellig geäußert.

Die in Bezug auf den Zeithorizont und auf das Spektrum der Themen sehr vielseitige Sektion hat somit eine Bündelung konkreter Ergebnisse erreicht.

„Justitia war nie blind“

Mit einem weiten Bogen, gespannt über gut 600 Jahre Justizgeschichte, wurden die Referenten der Sektion „Ungleichheiten vor Gericht: Epochenübergreifende Perspektiven“ ihrem Titel wahrlich gerecht. Zunächst ging Prof. Joachim Eibach auf die Allegorie der Justitia ein, die allseits bekannte Darstellung der Gerechtigkeit als Schwert und Waage in den Händen haltende Frau, der die Augen verbunden sind. Damit solle ausgedrückt werden, dass die Gerechtigkeit ihre Urteile stets ohne Ansehen der Person fälle, wie es schon im Alten Testament gefordert war. Die Geschichte der Justiz sei stets eine Geschichte der Suche nach Gerechtigkeit und gleichzeitig eine Geschichte der Ungleichheit gewesen.

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Die Gespielen der Infantin

Maaike van Rije, Foto: jk

Es wird viel gesprochen dieser Tage und viele Informationen werden verbal gestreut. Da sind PowerPointPräsentationen eine Abwechslung und Auflockerung. Doch richtig gut wird es, wenn ein Vortrag reich bebildert ist. So wie der von der Kunsthistorikerin Maaike van Rije, die sich dem Thema “Die Gespielen der Infantin. Darstellung von kleinwüchsigen Menschen in der bildenen Kunst” innerhalb der Sektion “dis/ability in history” widmete. Sie zeigte an ausgewählten Bildern, wie die Gesellschaft mit Kleinwüchsigen in der jeweiligen Zeit umgegangen ist. Wie selbstverständlich ihre Anwesendheit war und wie später deren Gegenwart als zufällig und belanglos dargestellt wurde.

Es war ein wirklich bewegender und bereichernder Vortrag, der nicht an Interpretationen und kritischen Betrachtungen sparte zu einem Thema, welches so selten besprochen wird.

Abgleiten in “Allmachtsphantasien”

Prof. Dr. Martin Jehne. Foto: ak

Herr Prof. Jehne, Sie sind Sprecher des Historikertages…

Moment, das stimmt so nicht ganz. Ich bin Sprecher des Ortskommitees, das den Historikertag veranstaltet. Den Historikertag richtet der Verband aus - und der ist auch für alle Inhalte zuständig, die Sektionsthemen, das Logo, etc. Das Ortskommitee übernimmt die Organisation am Veranstaltungsort, den Kontakt mit den Institutionen, die Infrastruktur, eben alles was zur faktischen Ausführung gehört.

Ist ein so großer geisteswissenschaftlicher Kongress an einer Technischen Universität die erste Ungleichheit?

Nein! Wir sind keine technische Uni, wir heißen bloß so. Die TU Dresden hat eine starke technisch–naturwissenschaftlich Tradition, die auch gepflegt wird – wogegen nichts zu sagen ist. Nur löst der Name TU leicht die Assoziation aus, es gebe nur Technik- und Naturwissenschaften. Und das trifft nicht zu. Seit der Erneuerung nach der Wiedervereinigung haben wir in Dresden leistungsfähige und akzeptierte Geistes- und Sozialwissenschaften. Die TU ist eine Volluniversität und betont dies auch. Die Geisteswissenschaften sind hier ja auch nicht nur Hilfsarbeiter, in dem Sinne dass wir Abrundungsangebote machen und Geschlechterstereotypen bedienen. Getreu dem Motto: Wir haben hier Ingenieurswissenschaften, was in erster Linie junge Männer studieren, die haben Freundinnen, also brauchen wir auch ein Institut für Germanistik. So ist es ja eben nicht. Wir betreiben hier anerkannte Forschung und bilden konkurrenzfähige Absolventen und wissenschaftlichen Nachwuchs aus.

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Mittelalterliche Bauern im HSZ

Was versteht man unter Erbpacht? Was ist ein Fastnachtshuhn? Und wo findet man eine Gugel? Diese Fragen wurden unter anderem in dem ersten Schülervortrag “Grundherrschaft und bäuerliche Lebensbedingungen im Mittelalter” beantwortet. Die Darbietung von Arnd Reitemeier sollte den Schülern ab Klasse 10 ein Thema näher bringen, welches seiner Meinung nach in der Schule häufig vernachlässigt, beziehungsweise in der Oberstufe gar nicht mehr behandelt wird. Gleichzeitig kritisierte Reitemeier das meist veraltete Wissen in den Schulbüchern.

Arnd Reitemeier unter mittelalterlichen Bauern. Foto: ak

Kritik an seinem Vortrag selbst ist allerdings ganz und gar nicht anzumerken. Unterstützt wurden seine verständlichen Ausführungen von vier Studenten der Universität Kiel. Zwei von ihnen trugen dem Mittelalter entsprechende Kleidung und machten mit ihren kurzen Dialogen die Lebensverhältnisse der damaligen Zeit greifbar.

Leider nahmen nur sehr wenige Schulen das Angebot, am Schülervortrag teilzunehmen wahr - der Hörsaal 03 war nicht einmal zur Hälfte gefüllt. Anders das “St.-Afra-Gymnasium” aus Dresdens Nachbarstadt Meißen, welches den Historikertag als Exkursionsmöglichkeit nutzt. Richard, ein Zehntklässler dieser Schuleinrichtung, verrät: “Ich habe mich der Exkursion aus Eigeninteresse angeschlossen. Mir gefällt das Fach Geschichte und ich werde es als Leistungskurs wählen. Vielleicht studiere ich später etwas in dieser Richtung. Der heutige Vortrag wird mir in positiver Erinnerung bleiben.” Bleibt zu hoffen, dass auch der morgige Schülervortrag (“Liegt Australien in Europa”, 2. Oktober 2008, 13.15–14.00 Uhr, HS 03) so erfreulich aufgenommen wird, dann vielleicht mit etwas mehr Beteiligung.

Kongresszeitung erschienen

Kongresszeitung erschienenFreudige Überraschung und ein wenig Verwunderung auf vielen Gesichtern von Kongressteilnehmern: Ist das nicht ein Bild vom gestrigen Abend ganz vorne auf der Zeitung, die ihnen zu Beginn des ersten offiziellen Tages ausgehändigt wurde?

Ist es, ist es! 3.000 Exemplare der “Ungleich-Seiten”, vierfarbig und auf 16 Hochglanz-Seiten ein wenig edler als eine normale Zeitung anzusehen, waren pünktlich um acht Uhr angeliefert worden. Dafür hatten Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Doku-Seminars, die auch das Weblog hier gestalten, bis spät in die Nacht und das Team der Druckerei Thieme in Meißen durch die Nacht hindurch gearbeitet.

“Die Zeitung zum 47. Deutschen Historikertag soll vielen Ansprüchen genügen und eine Kongresszeitung von Format, Aussagekraft und möglichst fundiertem Journalismus sein. Ob uns das gelungen ist, können Sie nun beurteilen, wenn Sie das Produkt unserer Bemühungen zu Beginn des Historikertages pünktlich und druckfrisch lesen. Auf diesen 16 Ungleich-Seiten wollen wir Sie informieren, über Hintergründe berichten und nicht zuletzt auch unterhalten.” schreibt Bianca Pahl im Editorial der Zeitung (die es komplett natürlich auch hier als PDF zum Download gibt).

Dass die Ungleich-Seiten überhaupt entstehen konnten, ist auch Verdienst der Studentenstiftung Dresden, die im Rahmen ihrer Aktion Leerstuhl es 16 Studentinnen und Studenten ermöglicht hatte, unter fachkundiger Anleitung des erfahrenen Journalisten Ulrich van Stipriaan an einem Dokumentationsseminar zum Historikertag aktiv teilzunehmen und die Veranstaltung medial zu begleiten. Die SeminarteilnehmerInnen betreiben dieses Weblog, sie haben die Zeitung erstellt und werden eine Abschlussdokumentation zum Kongress schreiben und gestalten.