Deshalb sorgt das Cateringteam des Studentenwerks Dresden im Erdgeschoss des HSZ mit seinem Angebot an kleinen Snacks und Getränken auf dem Historikertag für das leibliche Wohl der Kongressgäste. Gerade zwischen den Sektionen ist der Andrang sehr groß und ein schneller Kaffee, ein Stück Kuchen oder ein belegtes Brötchen zur Stärkung bringt den Energiehaushalt wieder ins Gleichgewicht. Till Hieronymus, Student der Wasserwirtschaft im 5. Semester, arbeitet hier täglich von 8.30 Uhr bis 18 Uhr und verdient sich somit etwas zum Studium dazu. Bis jetzt sei alles glatt gelaufen, meint er, nur ab und an wird der Kaffee knapp, aber dann folgt natürlich umgehend Nachschub.
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Die Führung “Jüdisches Leben in der DDR” heute mittag war eine kalte Angelegenheit. Nach gut zwei Stunden Stadtrundgang bei windigem Herbstwetter fröstelten nicht wenige der 15 zumeist weiblichen Teilnehmer ein bisschen. Das hielt sie aber nicht davon ab, eine spannende Reise durch die jüdische Geschichte Dresdens nach 1945 zu unternehmen.
Dr. Nora Goldenbogen, die Leiterin der Führung, erzählte anhand der Stationen sehr umfassend vom Aufbau einer neuen Gemeinde nach dem Krieg, erläuterte die Konsolidierung in den 50er Jahren und den folgenden Einbruch der Mitgliederzahlen durch den aufkommenden Stalinismus in der DDR. Am Schluss der Geschichte steht die Einweihung der Neuen Synagoge Dresdens 2001, die in einer Extra-Führung besichtigt werden kann.
Nora Goldenbogen, selbst Mitglied der jüdischen Gemeinde und im Hatikva e.V. aktiv, hat viel der heute von ihr dargestellten Geschichte selbst miterlebt und kennt bzw. kannte nicht wenige der genannten Personen. Insbesondere der Rundgang auf dem jüdischen Friedhof, bei dem sie anhand der Gräber über wichtige Personen informierte, machte deutlich, dass sie auch auf persönliche Erinnerungen an diese Menschen zurückgriff. Nach Meinung der Teilnehmer und Nora Goldenbogens wäre noch viel mehr zu erzählen gewesen. Doch neben der störenden Kälte hatten die meisten nachfolgende Termine zu erreichen. Empfohlen sei, für alle die nicht genug erfahren haben oder deren Neugier geweckt wurde, der Hatikva e.V., der immer wieder thematische Stadtführungen und Friedhofsrundgänge anbietet.
Im Rahmen der Sektion „Dis/ability in history – Behinderung in der Geschichte“ berichtete Cornelia Brink von den so genannten „Irrenreformen“ um 1900. Bei diesen Reformen traten hauptsächlich männliche Patienten von Heilanstalten an die Öffentlichkeit um zu beweisen, dass sie fälschlicherweise eingewiesen wurden. Sie versuchten, mit den „Irrenbroschüren“ ihre Normalität anhand von banalen Alltagsberichten zu beweisen. Doch was ist „normal“? Und ist zu viel Normalität nicht auch schon wieder unnormal, krankhaft? Brink erläuterte, dass die Patienten zwangsläufig in die Falle getappt waren, ihre krankhafte Normalität öffentlich zu bekennen. Sicherlich wurde nicht immer der gewünschte Effekt, nämlich „normal zu sein“ erreicht.
Auch in den 1970er Jahren gingen Patienten erneut an die Öffentlichkeit. Bekanntheit erlangten vor allem die von Ernst Klee geführten Gespräche mit Insassen der Frankfurter Nervenklinik. Drei Gespräche unter dem Motto „Kranke Seele“ wurden am 3. Dezember 1976 im Hörfunk ausgestrahlt. Hier beklagten die Patienten vor allem die mangelnde Therapiebetreuung. Ihre Forderung war, dass die Ärzte ihrem Versprechen nach Heilung nachkommen. Die Ärzte hingehen taten diese Forderung leichthin als Konsumstreben ab.
Diese Frankfurter Gespräche stießen auf breites Interesse in der Öffentlichkeit. Denn letztlich sagten die Patienten, die nie namentlich erwähnt wurden: „Ich bin krank, dass ist normal. Die gesellschaftlichen Anforderungen haben mich krank gemacht. Ich brauche Hilfe“.
Diese Erkenntnis eröffnete einen neuen Blickwinkel.
Brinks anschaulicher Vortrag macht deutlich, dass es sich nicht nur um ein interessantes Forschungsgebiet handelt, sondern auch, dass es nicht genug im Fokus der historischen Wissenschaften steht. Das Potential ist enorm, sich diesem Thema kultur- und sozialhistorisch anzunähren.
Ein Blick auf den Kalender und die Anspannung wächst. In wenigen Tagen beginnt der 47. Deutsche Historikertag in Dresden und Claudia Fugmann zeigt sich gespannt auf das bevorstehende Großereignis. Insbesondere für Schüler wurden interessante und lehrplangerechte Sektionen und Vorträge vorbereitet. Nun zeigen sich die Organisatoren erwartungsvoll, wie das Programm von den Schülern und Schülerinnen aufgenommen wird und Claudia hofft, dass alles deren Vorstellungen entspricht.
Damit dies jedoch auch eintritt, wurde lange geplant, denn schließlich werfen große Ereignisse ihre Schatten voraus. Seit Mai diesen Jahres ist sie neben Bernhard Steinbrecher für die Planung und Durchführung des Schüler- und Studentenprogramms verantwortlich. Nebenbei kümmert sie sich noch um finanzielle Dinge, wie die Reisekostenerstattung der Auslandsreferenten. Neben zahlreichen deutschen und tschechischen Historikern, so verrät sie, werden nämlich auch Vortragsreferenten aus den USA, der Schweiz, Italien und Großbritannien erwartet, die zusätzlich das ohnehin vielfältige Programm ergänzen.
Dass ein gutes Buch neue und spannende Welten eröffnet, weiß auch Claudia. Man erfährt mehr über andere Menschen, das aktuelle Zeitgeschehen und über Geschichte. Für ihre Hochschulausbildung ist dies besonders förderlich, denn Claudia studiert im zehnten Semester Alte Geschichte an der Technischen Universität Dresden.