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„Wir sind politisch unvereinnehmbar“ - Exkursion in die Gedenkstätte Bautzen

Gedenkstätte Bautzen

Gedenkstätte Bautzen

Der Historikertag ruft – die Fachelite folgt. Doch nicht allein der aktuelle wissenschaftliche Diskurs wird im Programm geboten – vielmehr kann durch ein ausgefülltes kulturelles Rahmenprogramm auch besucht und betrachet werden, was die Geschichtswissenschaft konkret zum Gegenstand hat oder als Ergebnis hervorbringt.

Diesem Angebot folgten bereits am ersten Kongresstag ein Dutzend Besucher zu einer Exkursion nach Bautzen. Ihrer Assoziation folgend, die Stadt insbesondere mit der Geschichte politischer Haft in Verbindung zu sehen, waren die Gäste enorm an der geführten Besichtigung der Gedenkstätte Bautzen interessiert. Ihnen wurde die besondere Bedeutung der Gedenkstätte als Erinnerungsort für die Geschichte politischer Verfolgung und Inhaftierung in den beiden Bautzener Gefängnissen über drei Verfolgungsperioden hinweg verdeutlicht. Durch Erläuterungen an einzelnen Stationen, aber auch durch Ton- und Filmaufnahmen konnten sich die Besucher ein Stück weit einen Eindruck von den Haftbedingungen verschaffen und Anteil an die Biographien einzelner ehemaliger Insassen nehmen. Die Exkursion sollte aber ebenso Gelegenheit zu einem ausführlichen Gespräch mit den wissenschaftlichen Mitarbeitern der Gedenkstätte geben, um so mehr über die Bedingungen der Gedenkstättenarbeit zu erfahren.

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Ich ließ also panisch Länderspiel Länderspiel sein … - Interview mit Peter Fäßler

Interview mit Peter E. Fässler

Ist die Tatsache, dass ein so großer Geisteswissenschaftlicher Kongress an einer dezidiert Technischen Universität stattfindet schon die erste Ungleichheit?

Peter Fäßler im Interview. Foto: ak

Nein, eigentlich nicht. Dresden befindet sich als Technische Universität mit einem großen geisteswissenschaftlichen Fachbereich in guter Gesellschaft zu anderen Universitäten, wie zum Beispiel der RWTH Aachen oder der TU Darmstadt. Die Organisatoren des Historikertages haben von der Universität sehr hohe Bereitschaft erfahren, diesen Kongress bestmöglich zu unterstützen. Da gab es kaum Reibungsverluste. So können wir die gesamte Infrastruktur der TU nutzen, außerdem den ganzen Dienstleistungsbereich, so übernimmt zum Beispiel das Studentenwerk die kulinarische Versorgung der Teilnehmer. Und wir haben die Möglichkeit bekommen, das komplette Hörsaalzentrum (HSZ)alleine zu nutzen, was nicht unbedingt selbstverständlich ist. Natürlich ist es immer ein „do ut des“ - ein Geben und Nehmen. Aber auch die Universität hat Vorteile von der Ausrichtung eines solchen Großereignisses. Sie steht für einige Tage im Fokus der Fachöffentlichkeit, was, wenn alles reibungslos abläuft, einen großen Werbeeffekt hat.

Wie sehen Sie denn die Rolle der Geisteswissenschaften an der TU Dresden? Untermauert der Historikertag ihre Stellung?
Ja, auf jeden Fall. Die Durchführung eines gesellschaftswissenschaftlichen Kongresses stärkt die Stellung der Geisteswissenschaften und ist ein großer Pluspunkt.

Wie sind Thema und Logo entstanden? Welche Alternativen gab es?
Die Entscheidung für ein Schwerpunktthema ist immer ein wenig die Suche nach der Quadratur des Kreises. Zum einen ist es für ein so breit aufgestelltes Fach, wie es die Geschichtswissenschaft ist, wichtig, dass es viele Teilgebiete, viele Interessen, viele Ansätze unter einem großen Dach vereinen kann. Auf der anderen Seite möchte man natürlich auch eine gewisse Aussagekraft unter ein Motto fassen, damit es nicht ganz beliebig wird.
Bei der Vorbereitung des Kongresses kam dann seitens des Veranstalters - das sind der Deutsche Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands sowie der Geschichtslehrerverband – der Wunsch auf, dass man ein Thema mit Aktualitätsbezug, mit gesellschaftlicher Relevanz findet, das über die enge akademische Zunft hinaus auf Interesse stößt.
Es gibt ja andere Kriterien, wie man solche Themen findet. Manchmal sticht eine große wissenschaftliche Diskussion hervor – so wie „Geschichtsbilder“ zum Beispiel vor zwei Jahren. Uns aber war diesmal nicht der fachinterne sondern der externe Zugang wichtig.
Mit Blick auf die derzeitigen gesellschaftlichen Befindlichkeiten kommt dann relativ schnell auf die Frage, inwieweit der Begriff hinsichtlich Ungerechtigkeiten, gesellschaftlicher Teilhabe, etc. auch einen normativen Gehalt hat. Aber unter den ganzen Variationen wollten wir es dann aber auf den Punkt bringen und so wurde das Motto „Ungleichheiten“ dann ausgewählt.
Für die Erstellung des Logos wurde eine Agentur beauftragt, die dann mehrere Vorschläge eingereicht hat. Die Kommission hat sich dann für das Stimmigste entschieden.

Wie lange währte die Vorfreude auf dieses Großereignis, wann gewann der Stress die Oberhand?
(lacht) Die wirklich stressige Phase in der Organisation begann ziemlich genau ein Jahr vorher, also im Oktober 2007. Im Ganzen bin ich ja schon seit zwei Jahren mit der Organisation beschäftigt. Es braucht eine ganze Menge Vorlaufzeit, bevor man an die konkrete Umsetzung gehen kann – die gesamte Raumstruktur muss geplant werden, das Thema festgelegt, die Kooperationspartner und Sponsoren gesucht, die Verlagsausstellung konzipiert, werden, bevor sich die Verlage dann endgültig anmelden. Das sind alles Dinge die noch mit großer Ruhe und Gelassenheit organisiert werden können, die auf den Erfahrungen bisheriger Historikertage aufbauen. Bis vor einem guten Jahr konnte ich auch noch nebenbei publizieren, seit letztem Oktober ist das aus Zeitmangel nicht mehr möglich.

Wer entscheidet mit, ohne Peter Fässler zu heißen?
Natürlich das Team mit Herrn Prof. Jehne und Herrn Prof. Müller. Intern wird viel auf dem kleinen Dienstweg geregelt, durch einen schnellen Anruf oder ein Gespräch beim Mittagessen. Besonders bei den pragmatischen Alltagsentscheidungen übernimmt natürlich jeder die Verantwortung, ohne dass es immer bis ins Detail abgesprochen ist. Insgesamt sind ist die Stimmung im Team äußerst kollegial und bislang haben wir immer einen wirklichen Konsens gefunden. Außerdem haben wir ein hochmotiviertes Team von Studenten die hervorragende Arbeit leisten und deren Vorschläge und Anmerkungen Hand und Fuß haben.

Gibt es für Sie momentan noch einen strukturierten Tagesablauf?
Also das Unstrukturierteste in meinem Leben ist mein kleiner Sohn, der mich morgens gegen 5 Uhr weckt. Ansonsten sind wir gut im Plan, meine Tage verlaufen keineswegs unstrukturiert.

Wie funktionierte die Abstimmung zwischen den Verbänden und dem Historikertagsteam vor Ort? Gab es Unstimmigkeiten?
Die Abstimmung lässt sich als enge Kooperation beschreiben, insbesondere mit Prof. Peter Funke. Die Verbände sind für die Grundsatzentscheidungen zuständig. Die Zusammenarbeit ist wirklich gut.

Warum hat man sich bei der Einteilung der Sektionen gegen die klassische Epocheneinteilung entschieden?
Das war der Wunsch des Verbandes, der aber letzten Endes eine Entwicklung widerspiegelt, die sich in der Geschichtswissenschat schon lange abzeichnet. Die klassische Trias aus Alter Geschichte, Mittelalter und Neuerer/Neuester Geschichte ist ja doch eher ein schlichtes Struktursystem entlang einer Zeitachse, was viele Aspekte vernachlässigt, denn viele Themen liegen ja durchaus quer dazu. Die Forschung arbeitet inzwischen zu epochenübergreifenden Problemen und löst sich von dieser starren Einteilung. Insofern werden durch die Weiterentwicklung des Faches Geschichte zum Beispiel der Aspekt des Raumes oder auch die außereuropäische Geschichte immer wichtiger. Wenn sie sich beispielsweise dem Thema „Vertrauen“ widmen, machen sie dies ja nicht unbedingt anhand eines Zeitraumes, sondern schauen sich die Veränderung über Epochengrenzen hinweg an.

Wie wird der erste Tag nach dem Historikertag aussehen?
Der wird so aussehen, dass ich ins HSZ gehe und aufräumen werde.

Und nachdem aufräumen, wenn der Schlüssel wieder übergeben ist?
Dann werde ich vermutlich tief durchatmen und danach mit meinem Sohn im Großen Garten Fußball spielen gehen.

Zum Schluss würden wir sie bitte ein klein wenig aus dem Nähkästchen zu plaudern – wann haben sie wirklich herzhaft gelacht und welche Situation wird Ihnen unvergesslich bleiben?
Sie wollen Anekdoten? Das ist auf die Schnelle nicht so einfach, sich so aus dem Stehgreif einer bestimmten Situation zu entsinnen. Ich muss sagen, dass die Arbeit mit Prof. Müller und Prof. Jehne generell zu vielen amüsanten Situationen geführt hat. Auch die gemeinsamen Abende mit dem gesamten Historikertagsteam waren immer sehr kurzweilig.

Es gibt aber ebenso Momente, in denen der Adrenalinspiegel nach oben schoss – so zum Beispiel an einem Samstagabend – es war eine halbe Stunde vor Anpfiff eines Fußballländerspiels. Dass ich bekennender Fußballfan bin, ist ja inzwischen allgemein bekannt. Da bekam ich eine besorgniserregende Mail von einer Kollegin aus Köln. Sie schrieb, die ihr zugesandte Programmbroschüre sei völlig durcheinander geraten – es fehle das gesamte Mittwochs- und Donnerstagsprogramm, dafür sei der Freitag doppelt abgedruckt. Süffisante Anmerkung der Kollegin: Man habe wohl auf ein Lektorat verzichtet … Ich ließ also panisch Länderspiel Länderspiel sein – und eilte in Sorge über 12.000 fehlgedruckte Programmhefte ins Büro. Zum Glück stellte sich heraus, dass generell alles in Ordnung war – dass aber bei 12.000 Drucken auch zwei bis drei Fehldrucke dabei sein können. Es war als glücklicherweise kein Supergau zu eingetreten.

Janine Kallenbach

Dass sie als Rettungsschwimmerin schon mal rätselt, ob denn das Wetter schön werde, findet Janine eine durchaus kluge Frage an einen jungen Tag. Dieser muss ihr dann bis zum Abend mit Wissen aufwarten, vornehmlich mit Historischem. Nicht aber mit Brad Pitt, solange ihr eine heiße Schokolade die Lieblingsserie versüßt. Antwort darauf, ob das auch im mittelalterlichen Spanien schon relevante Fragen waren, kann sie im Studium finden oder irgendwo zwischen den Zeilen der Vorträge des Historikertages suchen.