Uniform und Eigensinn. Militarismus und Erster Weltkrieg in historischen Werken der Sammlung Prinzhorn

MAIKE ROTZOLL (Heidelberg) und SABINE HOHNHOLZ (Heidelberg)

Abstract:

Unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg entstand in Heidelberg ein „Archiv“ besonderer Art, eine heute weltberühmte Sammlung von künstlerischen Werken aus psychiatrischen Anstalten. Die Initiatoren der Sammlung Prinzhorn verfolgten nicht das Ziel, die Sichtweisen der Insassen auf den Ersten Weltkrieg zu dokumentieren und zu überliefern, ihr Engagement ist in andere ideologische Kontexte, psychiatrische wie kunsthistorische Diskussionen einzuordnen. Gleichwohl finden sich in der hauptsächlich zwischen 1919 und 1921 zusammengetragenen Sammlung hunderte Bildwerke aus psychiatrischen Anstalten des Kaiserreichs, die auf den Militarismus der damaligen Gesellschaft oder auf den Krieg selbst reagieren.
Dass auch psychiatrische Anstaltspatient_innen auf den Krieg reagierten, ist bislang wenig bekannt. Fast vollständig unerforscht ist, wie sie sich künstlerisch dem Thema näherten und welches inhaltliche Spektrum ihre bildlichen und textlichen Reaktionen umfassen.
Nach vorläufigen Ergebnissen eines an der Heidelberger Sammlung Prinzhorn angesiedelten Forschungsprojektes spiegeln die eigenwilligen künstlerischen Antworten von Psychiatriepatient_innen auf Militarismus und Krieg nicht nur Stimmungen und Themen der gesamten Gesellschaft wider, sie bündeln und konzentrieren sie wie ein Brennglas oder „verzerren sie zur Kenntlichkeit“.
Der Vortrag soll einige Beispiele dieser Arbeiten vorstellen und kontextualisieren. Eine große Auswahl thematisch einschlägiger Werke wird ab Oktober 2014 die Ausstellung „Uniform und Eigensinn“ in der Heidelberger Sammlung Prinzhorn präsentieren.

English Version:

Uniform and Obstinacy: Militarism and World War One in Historical Works of the Prinzhorn Collection

Shortly after World War One a special collection came into being in Heidelberg, the famous Prinzhorn Collection. It contains hundreds of paintings created in asylums which had been collected between 1919 and 1921. They responded to the militarism of the Empire and to war itself. For a long time it had been unknown that and how patients reacted to World War One by texts and views. According to a current research project these works are not only an individual reaction of militarism and war, more than that they concentrate the atmosphere and moods like a burning glass.
The interests of the collectors will be analyzed in the context of contemporary history psychiatric debates and the discourse in art history. A variety of examples of these works will be shown in an exhibition called “Uniform and Obstinacy” in October 2014.