The Factory as a Political Arena. Changing Labour Relations under German Occupation in Belgium

DIRK LUYTEN (Brüssel)

Abstract:

The German occupation of Belgium and the institutional changes which ensued in the social and economic spheres led to a dramatic transformation of the relationship between employers and their employees. The pre-war employer’s associations were permitted to continue their existence, whilst the trade unions were forced to cease their activities and become integrated within a newly established Single Trade Union, or rather were replaced by this body, which was increasingly dominated by the Germans. Alongside the ongoing food shortages and inflation, this new constellation led to a significant change in employer-employee relations.
The impetus for this change came from the employers, who were generally either indifferent or opposed to the ban on local trade unions, and were therefore not prepared to accept the new Single Trade Union as a negotiating partner. With the assistance of the Employers’ Union a new social policy developed, which came to be centred on the factories. The aim of this concept was to strengthen the bond between the factory and its workers through mutual cooperation. This was to be achieved through both institutional measures and social ones, targeting food shortages and inflation. As a result the factories demonstrated themselves to be capable of providing an alternative to the official, inadequate provision of food for the local people. This paper will therefore investigate both the social policies adopted by the employers and the reactions of the employees, which ranged from approval and endorsement through to concrete opposition, strikes and the establishment of alternative workers organisations at a site-level, and it will also examine the role played here by the occupying powers.

Deutsche Version:

Die Fabrik als politischer Schauplatz. Der Wandel von Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Beziehungen in Belgien unter deutscher Besatzung

Die deutsche Besatzung Belgiens und die institutionellen Veränderungen in sozialen und wirtschaftlichen Bereichen führten einen dramatischen Wandel in den Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern herbei. Vor dem Krieg existierende Arbeitgeberverbände blieben bestehen, während Gewerkschaften ihre Aktivitäten einstellen mussten und in eine neue Einheits-Gewerkschaft integriert bzw. durch diese ersetzt wurden, die mehr und mehr von Deutschen dominiert wurde. Diese neue Konstellation initiierte in Verbindung mit der anhaltenden Lebensmittelknappheit und Inflation einen Wandel in den Arbeitgeber/Arbeitnehmer-Beziehungen.
Der Anstoß hierzu ging von den Arbeitgebern aus, die im Allgemeinen dem deutschen Verbot einheimischer Gewerkschaften gleichgültig bis ablehnend gegenüberstanden und nicht bereit waren, die neue Einheits-Gewerkschaft als Verhandlungspartner zu akzeptieren. Mithilfe der Arbeitgeberverbände entwickelten sie eine Sozialpolitik, als deren Zentrum sich die Fabrik herauskristallisierte. Das Konzept sah vor, durch beiderseitige Zusammenarbeit die Bindung zwischen Fabrik und Arbeitnehmern zu stärken. Dies sollte sowohl durch institutionelle als auch soziale Maßnahmen erreicht werden, die bei der Lebensmittelknappheit und Inflation ansetzten. In der Folge erwies sich die Fabrik als Alternative zur offiziellen, unzureichenden Lebensmittelversorgung der einheimischen Bevölkerung. Der Beitrag wird dabei sowohl die Sozialpolitik der Arbeitgeber, als auch die Reaktionen der Arbeitnehmer, die von Zustimmung und Befürwortung bis hin zu konkretem Widerstand, Streiks und Neugründungen von Arbeitnehmerzusammenschlüssen auf Werksebene reichten, in den Blick nehmen und auch die Rolle untersuchen, die die Besatzer dabei spielten.