Salzregionen im Wettbewerb. Bayern und Tirol im Ringen um den Salzabsatz in der Schweiz 1750-1800

MARTIN OTT (München)

Abstract:

Die Produktion und der Vertrieb von Salz waren im bayerischen Kurfürstentum und im benachbarten Tirol prägende Faktoren des vormodernen Wirtschaftslebens. In staatlicher Regie betrieben, generierte das Salzgeschäft jeweils signifikante Anteile der landesfürstlichen Einnahmen und trug zum materiellen Auskommen größerer Bevölkerungsteile bei. Der Beitrag fasst den Wettbewerb der Wirtschaftsverwaltungen Bayerns und Tirols um den auswärtigen Vertrieb des Salzes ins Auge. Bei dieser Rivalität ging es vor allem um den eidgenössischen Raum: Von der Mitte des 18. Jahrhunderts an stieg dort der Bedarf an Salz aus dem östlichen Alpenraum deutlich an. Damit boten sich für Bayern wie Tirol neue Absatzchancen, die mittels vertraglicher Liefervereinbarungen mit den einzelnen Kantonen und Orten der Schweiz realisiert werden konnten. Obwohl dort das Tiroler Salz deutlich beliebter war als das bayerische, konnte sich letztlich die bayerische Seite im Ringen um die Schweizer Märkte durchsetzen.
Gezeigt werden soll, dass dieser Erfolg auf innovativen Praktiken einer Ökonomisierung zwischenstaatlicher Beziehungen gründete: Abseits der gängigen, aber hier ineffizienten Diplomatie etablierten die Akteure aus der bayerischen Wirtschaftsverwaltung neue Kanäle zwischenstaatlicher Kommunikation mit den Kantonen der Schweiz, die passgenau und pragmatisch auf den wirtschaftlichen Erfolg zugeschnitten waren. Zugleich gelang es, die starren territorialen Grenzen des Ancien Régime für die ökonomische Administration aufzubrechen: Bayern konnte durch wirtschaftliche Außenposten in Oberschwaben und in der Schweiz den exterritorialen Raum, durch den das Salz an die Schweizer Grenzen spediert wurde, in die ökonomische Administration einbeziehen, zugleich den Handelspartnern kurze Kommunikationswege anbieten und wirkmächtige Netzwerke mit den Salzverwaltungen der Schweizer Kantone knüpfen. Damit gewann der bayerische Salzhandel Vorteile gegenüber dem Tiroler Konkurrenten, der eher traditionellen Vertriebsmodi verhaftetet blieb. Entschieden wurde der Wettbewerb durch ein symbiotisches Zusammenwirken Bayerns mit dem bevölkerungsreichsten Kanton der Schweiz, Bern: Mit Berner Geldern konnten die bayerischen Salinen nach Schweizer Vorstellungen umgestaltet werden, so dass nun auch das bayerische Qualitätsmanko wegfiel. Im ausgehenden 18. Jahrhundert profitierte Bayern wirtschaftlich von einem Aufstieg zum wichtigsten Handelspartner der Schweizer Salzverwaltungen.

English Version:

The Competition of Regions of Salt Production. Bavaria and Tyrol Vying for the Sale of Salt in Switzerland, 1750 – 1800.

Salt production and selling salt were distinctive elements of pre-modern economic life in Bavaria and in the neighbouring Tyrol. Directed by the state the salt business generated significant parts of the income of the princes of each country and contributed to the livelihood of larger parts of the population. This paper will take into view the economic managements concerning the foreign salt sale. The rivalry deals above all with the Swiss Confederation: From the middle of the 18th century the demand of salt from the eastern Alp mountains was increasing distinctly. Thus new chances of selling presented themselves to Bavaria and Tyrol as well, which could be realised by contracted arrangements with single cantons or cities in Switzerland. Although the Tyrolese salt was more popular there than the Bavarian,Bavaria was able to prevail in this competition.
I want to point out that this success was due to innovative methods of dealings between states: Off the beaten, but here inefficient, tracks of diplomacy, the protagonists of the Bavarian economic management established new channels of interstate communication with the cantons of Switzerland, which were accurately fitting and pragmaticly tailored on economic success. At the same time they succeeded in breaking up the strict territorial boundaries of the Ancien Régime for the economic management: By using economic outposts in Oberschwaben and Switzerland Bavaria was able to integrate the exterritorial area through which the salt was brought to the borders of Switzerland, to offer their partners short communication channels and build potent networks with the salt management. Thus Bavarian salt trade got advantages over is Tyrolese competitors who sticked more to traditional marketing.
This competition was decided by a symbiotic cooperation between Bavaria and Bern, the most populous canton in Switzerland. The Bavarian salt works could be remodelled with the help of Bern money according to Swiss notions, so that now the Bavarian shortcomings were stopped as well. At the end of the 18th century Bavaria profited of her advancement to the most important trade partner of the Swiss salt management.