Rang, Status und Ritual. Überlebte Größen im 18. Jahrhundert?

ANDRÉ KRISCHER (Münster)

Abstract:

Bis zum Ende des 17. Jahrhunderts besaßen diplomatische Zeremonien einen enormen Stellenwert für die Konstituierung der werdenden Staatenwelt, der von den Historikern auch seit einiger Zeit ernst genommen wird. Im 18. Jahrhundert schien die Bedeutung von symbolischer Kommunikation im Bereich der Diplomatie aber immer mehr abgenommen zu haben. Aufgeklärte Herrscher wie Friedrich II. hatten für die im Zeremoniell ausgetragenen Konflikte um Rang und Parität bei den mindermächtigen Reichsfürsten nur Verachtung übrig. Schon die großen Mengen an Quellen zum Zeremoniell im 18. Jahrhundert legen jedoch die Frage nahe, in welcher Weise Zeremoniell auch noch im Verlauf des 18. Jahrhunderts als Indikator für politischen Status und als Medium für die Zuschreibung von Aufstieg und Niedergang genutzt wurde. Friedrichs Zeremoniellkritik ist dafür schon selbst ein Beispiel.

English Version:

Until the end of the seventeenth century, diplomatic ceremonies served as a highly important factor in the formation of the early modern state system. In the eighteenth century, in contrast, diplomatic ceremony seemed to be in decline. Enlightened rulers like Frederick the Great ridiculed quarrels about precedence and ceremonial deference among the princes and the free cities of the Holy Roman Empire. However, by considering the many sources on ceremony from the ‚age of enlightenment‘, this evaluation calls for a reassessment. I will try to show in what way ceremony still served as an indicator of rank and status, and as a medium for the attribution of rise and fall in the eighteenth century, beginning with King Frederick’s own critical discourse.