Obsolete Akten, Bewertungsdiskussion und zeitgeschichtliche Sammlungen. Der Erste Weltkrieg und die Überlieferungsbildung in Archiven

ROBERT KRETZSCHMAR (Stuttgart/Tübingen)

Abstract:

Für die Überlieferungsbildung in Archiven stellt der Erste Weltkrieg eine Zäsur dar.  In vielfacher Hinsicht wurden methodische Grundlagen gelegt, die nicht nur die Bestandsbildung in der Weimarer Republik geprägt haben, sondern bis heute fortwirken. Aktenmassen aufgelöster Dienststellen strömten auf die staatlichen Archive und insbesondere das neu gegründete Reichsarchiv zu. Der Entscheidungszwang, was davon auf Dauer aufbewahrt werden solle, beschleunigte die zuvor noch eher zögerlich geführte Diskussion über die Grundsätze und Vorgehensweisen bei der Überlieferungsbildung. Wirksam wurden in ihr aber auch eine neue Sensibilisierung für den historischen Quellenwert und geschichtspolitische  Perspektiven. Dies gilt auch für Sammlungsaktivitäten als neues Aufgabenfeld der Archive, deren Anfänge im Ersten Weltkrieg liegen.
Der Beitrag skizziert die nach 1918 eingetretene Professionalisierung der  Überlieferungsbildung. Angesprochen wird auch die Sicht der zeitgenössischen Archivare darauf.

English Version:

Obsolete Files, Archival Appraisal, and Collections on Contemporary History: World War One and Archival Transmission

World War One marked a deep cut für archival transmission. In many respects methodological foundations for archival appraisal were shaped. They resulted in archival holdings created in the period of the Republic of Weimar. In part they are relevant until today. By closing military and public agencies masses of obsolete records were set free to come into archives. Archivist hat to decide which ones should be kept. In effect discussions about rules and methods of archival appraisal which had started reluctantly in the time before were stimulated. On the other hand archivist showed a new sensitivity in regard to the historical value of records and political aspects of their work. And activities to collect contemporary documents that had started in World War One were seen as new challenges for archival work.
The paper analyzes these processes and the view of the archivists of the time.