Der Deutsche Germanistenverband. Eine „Fachgenossenschaft“ im Zielkonflikt

HANS-HARALD MÜLLER (Hamburg) und MYRIAM RICHTER (Hamburg)

Abstract:

Der nach Abschluss der disziplinären Entwicklung erst 1912 gegründete DGV (seit 1920 „Gesellschaft für deutsche Bildung“) war kein philologischer Fachverband des 19. Jahrhunderts, sondern ein von Deutsch- und wenigen Hochschullehrern bestimmter völkisch-neukonservativer („deutschkundlicher“) Weltanschauungsverein mit einer bis zur Mitte der 20er Jahre sehr erfolgreichen bildungs- und wissenschaftspolitischen pressure-group. Nach Selbstgleichschaltung und korporativem Anschluss an den NSLehrerbund 1935 erfolgte 1952 eine Neugründung. Die politische Vergangenheit des Verbandes wurde seit dem Münchner Germanistentag (1966) aufgearbeitet – der möglicherweise einzige progressive fachpolitische Impuls des Verbandes. An der 1912 proklamierten Idee einer Gemeinschaft von Lehrern und Hochschullehrern wird bis heute festgehalten, der Vergleich zur Trennung von Historikern und Geschichtslehrern liegt auf der Hand. Der DGV ist ein pluralistischer, bildungspolitisch enthaltsamer Verband, der über die KMK und die Schulpolitik der Länder Einfluss nimmt und die Geltungsansprüche des Fachs in der Öffentlichkeit vertritt.