Apartheid und Erster Weltkrieg im Geschichtsunterricht in Südafrika

HENNING HUES (Bonn)

Abstract:

Der gegenwärtige südafrikanische Geschichtsunterricht kommt an fast keiner Stelle ohne eine mehr oder weniger explizite Referenz zur Apartheidzeit aus. Sowohl Curricula als auch Lehrbücher und Arbeitsmaterialien stellen epochenübergreifende Vergleiche und Bezüge zur rezenten Phase der Rassentrennung her. Dieses kollektive Trauma spannt sich wie ein Regenschirm über sämtliche Themenblöcke im Geschichtsunterricht. Der im Bildungswesen bemühte Kompetenzansatz unterstützt das kontinuierliche Thema Apartheid – nicht selten springt die Lehrkraft zwischen Antike, dem Frieden von Versailles und Apartheid hin und her. Faktenwissen hat heute den Ruf als repressive Lernform der Apartheidsschule – und wird abgelehnt zugunsten konzeptioneller und anwendungsorientierter Kenntnisse. Hinzu kommt das Bedürfnis vieler Lehrerinnen und Lehrer, im Geschichtsunterricht die eigene Biographie anzusprechen und somit die persönliche Geschichte zu behandeln. Durch den Rahmen der Kompetenzorientierung und die biographische Perspektivität erscheinen u. a. Erster Weltkrieg und Apartheid im Unterricht als seltsam anmutendes Paar. Im didaktischen Vordergrund steht grundsätzlich weniger das Wissen um Themen, Interdependenzen oder politische Agenden, sondern vielmehr die Position des Einzelnen. Diese ungewöhnliche und nicht immer neutrale Position der Lehrkraft ermöglicht auch eine empathische und interpersonale Annäherung an menschliche Tragödien des Ersten Weltkrieges.

English Version:

Apartheid und World War I in history-Education in South Africa.

Almost all topics in current South African history teaching are in some regard or another connected to Apartheid. Curricula, textbooks and teaching materials try to connect happenings of the past with the country’s racial segregation history. Like an umbrella, the collective trauma of Apartheid surrounds all history chapters. Outcomes-based Education, currently the pedagogical approach of choice, supports this idea of historical connectedness. Therefore, teachers often jump between Greek antique, the Versailles contracts and Apartheid in class. Factual knowledge is nowadays grasped as a repressive and outdated teaching mode of old Apartheid times and is therefore neglected in favour of conceptional knowledge. Also, many teachers feel a personal need to deal with their personal history. Both this biographical perspective and Outcomes Based Education connect the topics of World War I and Apartheid in a surprising way. Teaching does not necessarily focus on knowledge, interdepencies or political agendas but on personal positions. These unusual teaching practices allow a personal and empathetic approach towards World war I’s cruelties.