Volker Depkat Susanne Lachenicht (Sektionsleitung)

Globale Wirtschaftsakteure und Staatlichkeit: Historische Perspektiven auf das Problem der Souveränität vom 17. bis zum 20. Jahrhundert

Abstract

Nicht zuletzt der Brexit in Großbritannien und Donald Trumps America-First-Nationalismus stellen die Frage nach dem Verhältnis von staatlicher Souveränität und global agierenden Wirtschaftsunternehmen und Unternehmern. Zwar werden die aktuellen Entwicklungen vielfach als „Rückkehr des ökonomischen Nationalismus“ und als „Rückfall“ in überwunden geglaubte Zeiten interpretiert, doch gilt es den mit diesen Ansichten postulierten Antagonismus von (National)Staaten und globalisierter Wirtschaft kritisch zu prüfen. Fünf Fallstudien loten das spannungsreiche Verhältnis von global agierenden ökonomischen Akteuren, Staaten und Souveränitätsrechten in historischer Perspektive aus. Dabei reflektieren sie die Probleme von staatlicher und ökonomischer Souveränität in Abhängigkeit von entstehenden, sich konsolidierenden und sich transformierenden Formen der Staatlichkeit einerseits und Prozessen der Globalisierung andererseits.

Volker Depkat (Regensburg) Susanne Lachenicht (Bayreuth)
Einführung in das Thema
Susanne Lachenicht (Bayreuth)
For the benefit of the mighty English nation? Die englische East India Company, Souveränitätsrechte und das First British Empire (spätes 17. bis Mitte 18. Jahrhundert)

Der Beitrag fragt im Kontext frühmoderner Staatlichkeit in England nach politischen Souveränitätsrechten der East India Company als von Krone und Parlament privilegierter Korporation. Dabei interessiert insbesondere, ob, wie und warum die East India Company und ihre globalisierenden Handelsaktivitäten von unterschiedlichen Akteuren innerhalb des ersten britischen Empire als notwendig für den Ausbau von Staatlichkeit nach innen und nach außen angesehen wurde und wie die East India Company sich selbst und ihr Agieren in diesem Spannungsfeld verortete.

Emma Hart  (St. Andrews)
Interpreting Economic Sovereignty in Revolutionary North America

The paper thematizes the unclarified relationship between political and economic sovereignty during the process of revolutionary state-building in the United States in the last quarter of the nineteenth century. Putting the concept of „economic sovereignty“ to the center, the paper explores the multiple scales on which economic sovereignty was a contested idea in revolutionary America. The paper focuses on the friction between individuals, local, state, and national government, all of whom had their own ideas about what constituted economic sovereignty and who deserved to enjoy it.

Volker Depkat (Regensburg)
Cotton Kings und Föderalismus. Die Baumwollpflanzer des US-amerikanischen Südens und das Problem ökonomischer Souveränität im amerikanischen Bundesstaat, 1820-1861

Der Vortrag erörtert das ungeklärte Verhältnis von ökonomischer und staatlicher Souveränität in den USA vor dem Bürgerkrieg. Er analysiert die südstaatlichen Baumwollpflanzer sowohl als global agierende Unternehmer im Kontext des von Sven Beckert so genannten weltumspannenden Empire of Cotton wie auch als Träger eines separatistischen Southern Nationalism, der die Souveränitätsrechte des U.S.-amerikanischen Bundestaates unter Berufung auf sektionale wirtschaftliche Eigeninteressen systemsprengend unterlief.

Ulf Brunnbauer (Regensburg)
Das Mantra des Exports und sozialistische Staatlichkeit in Jugoslawien

Der Vortrag beschäftigt sich mit den politischen und sozialen Folgen staatlich geförderter Exportpolitik unter den Bedingungen des Sozialismus am Beispiel der jugoslawischen Schiffbauindustrie. Insbesondere zeichnet er die Spannungen nach, die die staatliche forcierte Beteiligung am Weltmarkt, wo Wettbewerbsfähigkeit zählte, für die sozialistische Gesellschaftsordnung mit sich brachte. Im Zentrum steht die Frage, ob nicht gerade diese aus der besonderen ökonomischen Offenheit Jugoslawiens resultierende Spannung dem jugoslawischen Staat letztendlich ein Ende bereitete.

Peer Vries (Amsterdam)
Commentary