Sozialdaten für die zeitgeschichtliche Forschung: Wie bauen wir die digitale Infrastruktur aus?
Abstract
In zunehmendem Ausmaß nutzt die neuere zeitgeschichtliche Forschung sogenannte ‚Sozialdaten‘. Diese Quellensorte umfasst die quantitativen und qualitativen Datenbestände amtlicher statistischer Erhebungen und zeitgenössischer sozialwissenschaftlicher Forschung sowie audio-visueller Medienarchive; sie sind im Zuge der „Verwissenschaftlichung“ des Sozialen immer zahlreicher und komplexer geworden. Sozialdaten ermöglichen es ZeithistorikerInnen des 20. und 21. Jahrhunderts, neue Forschungsthemen aufzugreifen, stellen aber auch neue methodische und konzeptionelle Herausforderungen an die Disziplin. Gegenwärtig müssen die Daten erst mit großem Aufwand für die historische Auswertung erschlossen und aufbereitet werden. Dabei stellen sich rechtliche Fragen: Wem gehören die Daten? Lassen die Datenschutzregelungen und die zum Erhebungszeitpunkt gängigen ethischen Standards eine Verwendung durch ZeithistorikerInnen zu? Gerade ältere Daten sind oft nur lückenhaft in ihrer Entstehung dokumentiert. Zudem sind die Datenbestände meist heterogen strukturiert und umfassen neben Texten und Transkripten verschiedene Objekte wie etwa Tabellen, Karteien, Tonbänder, Videointerviews, Fragebögen, statistische Rohdaten oder Lochkartenstreifen. Noch fehlen der wirtschafts-, sozial- und zeitgeschichtlichen Forschung Partner für die Erschließung der Forschungspotentiale solcher Sozialdaten. Der Aufbau einer entsprechenden digitalen Infrastruktur, auch als Teil der Schaffung nationaler Forschungsdateninfrastrukturen (NFDI), gehört zu den aktuellen Herausforderungen. Die Podiumsdiskussion wird Chancen und Probleme beim Aufbau einer Forschungsdateninfrastruktur zur historischen Nutzung von Sozialdaten diskutieren. Der Dialog zwischen DatenkuratorInnen, Wirtschafts- und SozialhistorikerInnen, ZeithistorikerInnen sowie VertreterInnen der sozialwissenschaftlichen Nachbardisziplinen soll konkrete Impulse für die Weiterentwicklung laufender und zukünftiger Projekte liefern.