Mara Albrecht (Sektionsleitung)

Palästina in der Britischen Mandatszeit – Deutungskämpfe über Orte, Objekte und Symbole

Abstract

In spätosmanischer Zeit und während des Britischen Mandats war Palästina Ziel verschiedener imperialer Bestrebungen sowie nationaler und religiöser Bewegungen. Daraus entwickelten sich Deutungskämpfe mit Hinblick auf die Geschichte des Landes von der Antike bis in die Gegenwart. Konkurrierende Narrative wurden entwickelt und nationale Zugehörigkeit wurde imaginiert, wobei sich kollektive Identitäten verfestigten. Die meisten dieser Ambitionen und Aspirationen waren auf Jerusalem gerichtet. Ihre heiligen Stätten waren nicht nur religiöse Orte verschiedener Gemeinschaften, sondern wurden von Zionisten und Palästinensern zunehmend auch zu politisch-nationalen Symbolen transformiert. Die britischen Verwalter hingegen charakterisierten die Altstadt als „Freiluftmuseum“ und wandelten sie dahingehend um. Auch in anderen Städten Palästinas wurde urbaner Raum mit seinen Symbolen sowohl von Zionisten als auch Palästinensern genutzt, um die eigenen Anhänger im Konflikt um Palästina zu mobilisieren. Die Zugehörigkeit einiger Orte, Symbole und Objekte war bereits seit Jahrhunderten umstritten, in der Mandatszeit jedoch wurden sie zunehmend politisiert und ihre Geschichte umgeschrieben. Im Zuge einer rasanten Urbanisierung änderte sich auch die ethnisch-religiöse Bevölkerungszusammensetzung palästinensischer Städte rapide. Mit den gleichzeitig eskalierenden Deutungskämpfen um die Zugehörigkeit der Stadt als Ort politischer und kultureller Aktivitäten entwickelte sich auch ein Konflikt um urbanen Raum, insbesondere um Orte wie öffentliche Plätze, archäologische Ausgrabungen, Industrie und gewerbliche Bauflächen sowie kulturelle Zentren. Die damals entstandenen Konflikte um urbanen Raum prägen bis heute das Verhältnis von Arabern und Juden in Israel/Palästina. Diese Sektion beschäftigt sich mit der konfliktgeladenen Geschichte von urbanem und sakralem Raum in Palästina zur Mandatszeit und fokussiert sich auf Deutungskämpfe um die Zugehörigkeit und Geschichte von Orten, Objekten und Symbolen.

Johann Büssow (Bochum)
Introduction
Mara Albrecht (Erfurt)
"Realm of imaginations - conflicting interpretations of (sacred) urban space in Jerusalem in the early 20th century"

This paper is concerned with conflicting interpretations of urban space and sacred places in Jerusalem in the early 20th century. It will explore different points of view by various actors on the belonging of the city and the ownership of particular sites. It argues that multiple perspectives on urban space by Zionists, Arabs and the British were shaped and reinterpreted through contestation in the symbolic landscape of the city, in particular in the context of violence during riots. In this process, the realm of the imaginative became the backdrop against which a new physical reality was attempted to be formed.

Roberto Mazza (Limerick)
When the sacred fosters violence: the Western Wall in Jerusalem from 1900 to 1929

With the end of the First World War and the establishment of the British Mandate in Palestine, the Zionist project to establish a Jewish entity was on its way to become a reality. At this juncture, the Western Wall was transformed from a Jewish religious place into a secular symbol to be redeemed, fostering de facto the development of urban violence in Jerusalem and at large in Palestine as demonstrated by the Western Wall massacres of 1929. This paper will show the development and transformation of urban violence in relation to sacred places and their incorporation in national liturgies.

Maayan Hillel (Evanston, IL)
Claiming national ownership of the urban space - the struggle for establishing Palestinian cinema in Mandatory Haifa

This paper will examine the persistent attempts of Palestinian entrepreneurs to establish an Arab cinema in Haifa throughout the 1940s, at a time when there was a severe shortage of building materials in Palestine due to World War II. Through this case, the paper will analyze the ways in which leisure and recreation venues were appropriated and politicized during the British Mandate as crucial element in the competition between the Zionist and Palestinian national movements which eventually turned into the outbreak of open urban political violence.