(30. September 2010 - 9.15 bis 13 Uhr - HS 1.601)
Leitung: Prof. Dr. André Steiner, Potsdam / Dr. Ralf Ahrens, Potsdam
1. Einführung: Wirtschaftlicher Strukturwandel als historisches Problem
Referent/in: Prof. Dr. André Steiner, Potsdam
2. Nachfrage, Technik, Politik und der Wandel von Tourismusunternehmen 1965–1989
Referent/in: Dr. Jörg Lesczenski, Frankfurt/M.
3. „
Referent/in: Dr. Silke Fengler, Wien
4. Krisenreaktionen einer innovativen „alten“ Industrie: Maschinenbau in den 1960er und 1970er Jahren
Referent/in: Dr. Ralf Ahrens, Potsdam
5. „Nicht nur ein Wettersturz.“ Automobilindustrie, Ölpreisschocks und der Wandel der Nachfragestrukturen in den 1970er Jahren
Referent/in: Dr. Ingo Köhler, Göttingen
6. Kommentar
Referent/in: Prof. Dr. Andreas Wirsching, Augsburg
Abstract
Wirtschaftlicher Strukturwandel gilt als Kernelement der gesellschaftlichen Umbrüche in den Jahrzehnten „nach dem Boom“. Dabei konzentriert sich die Diskussion derzeit vor allem auf die "1970er Jahre" – was hier als Chiffre für die Zeit von Ende der 1960er bis in die 1990er Jahre hinein verstanden werden soll – die eine Art Epochenschwelle in die allerjüngste Vergangenheit der Bundesrepublik darzustellen scheinen. Die empirische Forschung hat sich bislang weitgehend auf die ökonomische Makroebene beschränkt und dabei das gängige Bild einer Deindustrialisierung durch den Niedergang „alter“ Industrien und den Aufstieg des Dienstleistungssektors bereits deutlich relativiert; diese Makroperspektive bedarf jedoch einer weiteren empirischen Differenzierung auf Branchen- und Unternehmensebene. Eine solche Vertiefung muss zugleich danach fragen, wie der Wandel von Angebots- und Nachfragebedingungen auf volkswirtschaftlicher, Branchen- und Unternehmensebene von den historischen Akteuren wahrgenommen, mit welchen Strategien und Ergebnissen er verarbeitet wurde. Die Analyse der Perzeptionen von und Reaktionen auf die wechselnden Konjunktur- und Wettbewerbsbedingungen der Binnen- und Weltwirtschaft ermöglicht auch eine Historisierung der geläufigen wirtschaftswissenschaftlichen Interpretationen des Strukturwandels. Zugleich bieten solche Untersuchungen die Grundlage um den gesellschaftlichen Konsequenzen des wirtschaftlichen Strukturwandels nachzugehen, wie sie sich in erster Linie in der Arbeitsmarktentwicklung, den daraus resultierenden sozialpolitischen Erfordernissen und Reaktionen sowie den Veränderungen der sozialen Lage der Bevölkerung insgesamt niedergeschlagen haben.
Die Sektion soll diesem Ansatz in vier exemplarischen Branchenstudien folgen. Dem Motto „Über Grenzen“ entspricht sie in doppelter Weise: Zum einen wird die schematische ökonomische Trennung zwischen sekundärem und tertiärem Sektor überbrückt, indem der Aufstieg einer Dienstleistungsbranche (Massentourismus), der Niedergang einer Industriebranche (Fotoindustrie) und die Bewältigungsstrategien zweier langfristig erfolgreicher Industrien (Maschinen- und Automobilbau) thematisiert werden. Zum anderen fokussieren alle Vorträge zwar in erster Linie die bundesdeutsche Entwicklung, berücksichtigen dabei aber jeweils Vergleichsperspektiven: Tourismus, Fotoindustrie und Maschinenbau in der Bundesrepublik werden mit Blick auf die Branchenentwicklung in der DDR untersucht, um generelle und systemspezifische Aspekte des Strukturwandels herauszuarbeiten; für die Automobilindustrie ist der Vergleich mit US-amerikanischen Anbietern besonders erhellend. Der abschließende Kommentar analysiert den Beitrag dieser wirtschaftshistorischen Fallstudien für die allgemeinhistorische Interpretation der Jahrzehnte nach dem „Wirtschaftswunder“.