Knud Andresen Mareen Heying Sebastian Voigt (Sektionsleitung)

“Democracy at Work.” New Perspectives on Labour Market Participation

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Abstract

The development of democracy and participation in modernity is receiving increasing attention from historiography, whether as a description of a crisis in present-day democracy or as a rather perplexing success story of democratization since the imperial era. Too often, the focus is on state institutions and electoral issues.

Since the industrialization, the question of political participation of the working class has marked a societal conflict. This was not only about parliamentary procedural issues, but also about participation in the workplace and working world. The workers' movement developed collective forms of action and organization as well as interpretive patterns, which were already confronted with the problem of representation of the "oligarchic tendencies of group life" (Robert Michels) in the imperial era. The structural inclusion and exclusion of different actor groups does not allow for a linear history of the rise of organizations any more than a linear history of the decline of trade unions since the 1970s.

In recent years, there has been a growing desire for democratic participation from civil society, while at the same time there is a sense of political disenchantment and scepticism. Once "left-wing" questions about participatory forms of socialization are being re-asked, not least in discussions about alternative work models.

The contributions of the section discuss the role of conflicts within the world of work in the development of democracy in Germany since the 19th century. Specifically, what forms of democratic participation have people "earned" since then, what has been gained, what has been lost? How did "work" influence the understanding of democracy? Based on impulses from a renewed (global) labor history, we ask whether one can really write the history of democracy today beyond the opposition of capital and labor.

 

Anna Strommenger (Bielefeld)
Sozialistische „Heimat“ als demokratische Idee? Zwischen Exklusionserfahrung, Integrationsversprechen und der Sehnsucht nach unproblematischer Identität vom Kaiserreich zur Weimarer Republik

In Abgrenzung zum exkludierenden Heimatrecht und zur bürgerlich-nationalen „Heimat“ bildete sich im Kaiserreich ein sozialistisches Heimatverständnis heraus, das „Heimat“ zu demokratisieren versprach und um Arbeitsverhältnisse und Solidaritätsbeziehungen kreiste. Spätestens in der Weimarer Republik orientierte sich das sozialistische Heimatverständnis jedoch teilweise an einem unhinterfragten Volksbegriff. Der Vortrag analysiert das Changieren sozialistischer Heimatvorstellungen zwischen Zugehörigkeitsversprechen und Sehnsucht nach unproblematischer Identität. Er diskutiert, inwiefern dieses Spannungsfeld beispielhaft für das Verhältnis von „Arbeit“ und „Demokratie“ stehen kann.

Sean Forner (Michigan)
Managertum, Mitbestimmung und Demokratie. Das Arbeiterbild des Intellektuellen im Westdeutschland der 1950er Jahre

Im Ringen um „Massengesellschaft“ und Demokratie der 1950er Jahre nahmen Intellektuelle, Werktätige und Gewerkschaftler ähnliche Herausforderungen wahr, auf die sie parallel antworteten: Gegen wachsende administrative Kontrolle betonten sie die demokratische Mitgestaltung aller Lebenssphären. Während Arbeitende dieses Bedürfnis am Arbeitsplatz sichtbar machten, wurden „Arbeiter“ zu einem Objekt des intellektuellen Interesses und „Managertum“-contra-„Mitbestimmung“ zu einem Feld des sozialen Imaginären. Dies wird anhand zweier DGB-naher Projekte erläutert: der „Europäischen Gespräche“ der Ruhrfestspiele und der industriesoziologischen Untersuchung “Arbeiter, Manager, Mitbestimmung” des Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts des DGB.

Anne Kremer (Mannheim)
Teilhabe ungeachtet des Geschlechts? Gleichberechtigungsvorstellungen der sich vereinigenden Industriegewerkschaft Metall in den 1990er Jahren

Mit der Deutschen Einheit trafen verschiedene Ausformungen der Geschlechterordnung aufeinander: Galt in der DDR die Gleichberechtigung als Staatsdoktrin weitgehend umgesetzt, trugen Gewerkschafter*innen in der Bundesrepublik diese noch als unerreichtes Ideal vor sich her. Dennoch offenbarte die ‚Gewerkschaftseinheit‘ auch geteilte Kontinuitäten. Diskrepanzen zwischen hehren gewerkschaftlichen Ansprüchen nach gleichgestellter Partizipation und deren Übersetzung im Gewerkschaftsalltag herrschten Ost wie West. Die Wahrnehmung einer sozioökonomischen Vereinigungskrise diente dabei nur als Katalysator für die Beharrungskraft von exklusiveren Traditionsbeständen in der männlich dominierten IG Metall.

Nicole Mayer-Ahuja (Göttingen)
Demokratie trotz Kapitalismus: Aktuelle Herausforderungen für (deutsche) Gewerkschaften im Umgang mit einem strukturellen Spannungsverhältnis

Kapitalistische Unternehmen sind per se nicht demokratisch, doch wird stetig um Partizipation gerungen. Nach der stärkeren Verknüpfung von Lohnarbeit, sozialer Sicherung und demokratischer Einflussnahme ab 1945 wurde Demokratie nicht nur in der Bundesrepublik ab 1985 beschnitten: durch Etablierung von „Welten der Arbeitsbeziehungen“, Prekarisierung und die Abkehr von kollektiver Standardsetzung. Angesichts neoliberaler Sachzwanglogiken – wer ist das Gegenüber von Betriebsräten und Gewerkschaften? (Wie) lässt sich mehr Demokratie durchsetzen?

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