Tragen als Strafe im 20. Jahrhundert
Referent/in: Peter Steinbach, Mannheim
Abstract
In Erinnerungen an Zwangs-, Gefangenen-, Arbeits- und Konzentrationslager wird immer wieder erwähnt, dass Lagerleitungen angebliche Regelwidrigkeiten der Häftlinge ahndeten, indem sie ihnen willkürlich schwere Lasten aufgebürdeten. Sie hatten gefüllte Sandeimer über Appellplätze zu schleppen, Straßenwalzen zu ziehen, Loren zu füllen, Barkassen mit Ziegelsteinen zu beladen, Mithäftlinge zu tragen und zu stützen. Diese Strafen zielten auf die Demütigung von Menschen, um sie erschöpfen und zusammenbrechen zu lassen, weil ihnen Lasten aufgebürdet wurden. Befehle, etwas zu tragen, trotz der Hilfsmitteln, die Transporte längst erleichterten konnten, zielten oft auf Entwürdigung des Individuums und gelten als Ausdruck von Willkür. Der Befehl, ohne Sinn und Zweck etwas zur Strafe zu tragen, macht die Auslieferung des schutzlosen Menschen an seinen ihn beherrschenden "Gegenmenschen" deutlich. Die Strafe weckte bei den Nachlebenden Mitleid und erleichterte angesichts des "sinnlosen" Leidens die Anerkennung und Ehrung der Geschändeten.