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Vortragstitel:
James Brooke – Vom Abenteurer zum Raja von Sawarak
Tag:
01.10.2010
Epoche:
Neuere/Neueste Geschichte
Sektion:
Grenzüberschreitungen an imperialen Randzonen. Biographische Zugänge zum transkulturellen Austausch

Abstract:

James Brooke – Vom Abenteurer zum Raja von Sawarak

Referent/in: Benedikt Stuchtey, London


Abstract

1847 malte Sir Francis Grant ihn auf der Höhe seines Ansehens, ein Mann, dessen Bildnis in der Londoner National Portrait Gallery davon Zeugnis ablegt, wie selbstbewusst Imperialismus im Gestus eleganter Gelassenheit darstellbar war. James Brooke (1803-1868), eine "Ikone des frühviktorianischen Imperialismus" (Dict. of Nat. Biogr.), Abenteurer im Gewand des Gentleman und Raja von Sarawak, dem ehemals niederländischen Gliedstaat Malaysias, der 1888 britisches Protektorat wurde: dieser mit höchsten Ehrungen überhäufte Offizier ihrer Majestät hatte Nation und Empire um eine Kolonie erweitert, die militärisch und wirtschaftlich unbedeutend war und von der britischen Regierung fast vollständig ignoriert wurde. Kiplings gleichnamiges Gedicht feierte die unbekannten Grenzgänger des Empires, die an den imperialen Randzonen die Grenzen überschritten. Sarawak aber war Symbol dafür, wie politisch und ökonomisch unerschlossen neu eroberter kolonialer Raum bleiben konnte. Das Colonial Office zeigte kein Interesse, während die Kolonialbeamten vor Ort unter Führung Brookes ein Ideal imperialer Herrschaft pflegten, das die britische Öffentlichkeit in ihnen sah. "Charakter" hatte Brooke bewiesen, indem er die Bewältigung des moralischen Dilemmas im imperialen Alltag an die vermeintliche Vorbildlichkeit seiner Person knüpfte. Der evangelikale Begriff der kolonialen Mentalität gründete auch auf der Vorstellung, die Kolonisierten nicht nur mit Gehorsam, sondern mit Liebe an sich zu binden. Brooke kultivierte diesen scheinheiligen Aspekt imperialer Herrschaft, weil er sich nicht entscheiden konnte zwischen der kolonialen Welt einerseits, von der er verlangte, dass sie sich mit ihm versöhnte, und dem britischen Empire andererseits, von dem er erwartete, dass es honorierte, was er repräsentierte.