Drucken

Vortragstitel:
Zionismus und Weltpolitik
Tag:
29.09.2010
Epoche:
Neuere/Neueste Geschichte
Sektion:
Nationalismus, Internationalismus und Transnationalismus im deutschsprachigen Zionismus

Abstract:

Zionismus und Weltpolitik: Die Auseinandersetzung der deutschen Zionisten mit dem deutschen Imperialismus und Kolonialismus

Referent/in: Stefan Vogt, Beer-Sheva


Abstract

Kolonialismus lässt sich als ein Prozess verstehen, in dem in komplexer Verschränkung zugleich Grenzen errichtet und überschritten werden. Dies gilt auch für das zionistische Kolonisierungsprojekt in Palästina. In der Zeit bis zum Ersten Weltkrieg entwickelten die deutschen Zionisten ihre Ideen einer jüdischen Kolonisation in Palästina in einem politischen und ideologischen Umfeld, das zunehmend von deutschen kolonialen und imperialistischen Ambitionen gekennzeichnet und von diesen beeinflusst war. Dies bedeutete nicht nur, dass zentrale Konzepte des zionistischen Projekts, wie „Kolonisierung“, „Sozialreform“ oder „Entwicklung“, aber auch „Nation“, „Rasse“ oder „Kultur“ und damit Begriffe, welche die Grenzen der zu schaffenden jüdischen Identität definierten, eng mit den deutschen Kolonialdiskursen verwoben waren. Auch mit der deutschen Kolonialpolitik war der deutsche Zionismus auf vielfältige Weise verbunden. Zugleich jedoch unterschieden sich die zionistischen Kolonisationsaktivitäten in Palästina grundsätzlich vom deutschen Kolonialismus, da sie von einer internationalen Organisation getragen wurden und keine imperialistischen Ziele verfolgten. Darüber hinaus waren die deutschen Kolonialdiskurse oft von radikalnationalistischen Ideen geprägt, die nur schwer mit den humanistischen und universalistischen Elementen gerade des deutschen Zionismus zu vereinbaren waren. Der Vortrag diskutiert die Auseinandersetzung des deutschen Zionismus mit dem deutschen Imperialismus und fragt, wie die Zionisten die deutschen Kolonialdiskurse sowie die deutsche Kolonialpolitik rezipiert, adaptiert und kritisiert haben. Im Zentrum steht dabei die Frage, wie die Zionisten die Widersprüche zwischen ihren eigenen Vorstellungen eines kolonisierenden Nationalismus, der nationalen und internationalen Dimension des deutschen imperialistischen Projektes und den transnationalen Realitäten des deutschen und des jüdischen Kolonialismus zu lösen versuchten.