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Vortragstitel:
Migrationen und kulturelle Hybridität im mittelalterlichen Königreich Sizilien
Tag:
29.09.2010
Epoche:
Geschichte des Mittelalters
Sektion:
Migration als transkulturelle Verflechtung im mittelalterlichen Jahrtausend

Abstract:

Migrationen und kulturelle Hybridität im mittelalterlichen Königreich Sizilien

Referent/in: Benjamin Scheller, Berlin


Abstract

Thema des Vortrags sind die Wechselbeziehungen zwischen Migrationen und Prozessen kultureller Hybridisierung im hochmittelalterlichen Königreich Sizilien (11.-13. Jhdt.).

Sizilien war im Hochmittelalter Ziel vielfältiger Migrationen. Bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts wanderten weiterhin Muslime, v.a. aus Nordafrika ein. Mit dem Beginn der normannischen Herrschaft wurde die Insel zudem Ziel lateinisch-christlicher Einwanderer aus Norditalien, dem festländischen Unteritalien und aus der Toskana.

Seit dem 12. Jahrhundert gibt es immer dichtere Belege für Prozesse kultureller Hybridisierung. Einerseits entsteht ein Milieu sizilianischer Mozaraber. Gleichzeitig übernehmen auch die christlichen Einwanderer vom italienischen Festland die arabische Onomastik und den Kult der griechischen Kirche, der auf der Insel vorherrscht.

In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts kommt es jedoch zu schweren Konflikten zwischen der muslimischen Bevölkerung der Insel und norditalienischen Einwanderern. In den zwanziger und vierziger Jahren des 13. Jahrhunderts rebellieren die sizilianischen Muslime dann gegen Friedrich II. Nachdem er den Aufstand niedergeschlagen hat, lässt der Kaiser sie nach Lucera in Apulien umsiedeln (1222-1246). In der Folgezeit verschwinden auch die Arabismen aus dem Namensgut der christlichen Bevölkerung der Insel. Um 1300 schließlich erscheint die Insel kulturell weitgehend „latinisiert“ und „okzidentalisiert“, mit einer Ausnahme: den Juden, die kulturell weiterhin eng mit der arabischen Welt verflochten bleiben.

Das hochmittelalterliche Sizilien wirft damit die Frage nach dem Verhältnis von kultureller Hybridisierung und kultureller Homogenisierung auf, die in der Geschichte des Mittelalters durch Migrationsprozesse herbeigeführt wurden, und damit eine zentrale Frage einer künftigen Globalgeschichte des Mittelalters .