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Vortragstitel:
Wissen als Träger und Bedingung imperialer Grenzvorstellungen im Verhältnis von Europa und Afrika
Tag:
29.09.2010
Epoche:
Frühe Neuzeit
Sektion:
Grenzmissverständnisse in der Globalgeschichtsschreibung (ca. 1500–1900)

Abstract:

Missverstandene Unterschiede.
Wissen als Träger und Bedingung imperialer Grenzvorstellungen im Verhältnis von Europa und Afrika in der Frühen Neuzeit

Referent/in: Benjamin Steiner, Frankfurt/M.


Abstract

Seitdem es portugiesischen Seefahrern im frühen 15. Jahrhundert es gelang, das Kap Bojador zu umschiffen und immer weiter reichende Entdeckungfahrten an der gesamten Westküste Afrikas zu unternehmen, rückte Wissen über Afrika nicht nur in das Blickfeld europäischer Gelehrten. Auch die Institutionen der sich in der Frühen Neuzeit in Westeuropa herausbildenden kapitalistischen Wissensgesellschaft begannen sich immer mehr für den Kontinent zu interessieren. Die Untersuchung des gesammelten Wissens über Afrika, das von den Entdeckungsfahrten und Erkundungsmissionen von Missionaren oder Gesandten der Handelsgesellschaften nach Europa übermittelt wurde, lässt nicht nur das bestimmte Interesse der Europäer am weitgehend unbekannten Kontinent erkennen, sondern auch die Herausbildung einer normativen Erkenntnisstruktur, die sich v.a. durch bestimmte Grenzziehungen zwischen europäischen und afrikanischen Wissenssystemen auszeichnete. Eine solche kategoriale Unterscheidung zwischen Afrika und Europa erscheint in frühen Reiseberichten indes wenig ausgeprägt; die Begegnung von Europäern und Afrikanern war mithin zunächst nicht von einer Differenzerfahrung des „Anderen“ begleitet. Vielmehr wurde Wissen über Afrika meist von Afrikanern übernommen und in vielen Fällen Versuche unternommen, indigene Wissenskategorien in das europäische Wissenssystem zu integrieren. Die erst später vorgenommene Grenzziehung, zwischen lokalem und nicht-lokalem Wissen zu unterscheiden, stellt sich insofern als ein Grenzmissverständnis heraus, dass derartige topische Differenzen einer historischen Grundlage entbehren. Gleichwohl bleibt die Frage, wie es zu diesen Missverständnissen kam und warum das anfänglich gemeinsame Wissenssystem von Afrikanern und Europäern in zwei von einander getrennte bzw. miteinander verschränkte Entitäten übergehen konnte.