Das römische Reich im Umbruch: Neue Dynamiken der Macht von Justin II. bis Maurikios (565–602)
Das oströmische Reich in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts ist in der Forschung der letzten Jahrzehnte eher stiefmütterlich behandelt worden. Die Kaiser Justin II., Tiberios und Maurikios, die 565-602 herrschten, werden durch ihre bekannteren Vorgänger und Nachfolger, insbesondere Justinian und Herakleios, überschattet. Die letzte Monographie, die sich mit Justin II. und Tiberios befasste, ist immer noch Ernst Steins Habilitationsschrift von 1919! Ziel dieser Sektion ist es daher, Anstöße zu liefern, um diese Lücke zu schließen. Drei ausgewählte Beiträge aus dem Bereich der politischen Geschichte, der Kirchengeschichte und der Archäologie werden aufzeigen, dass die Nachfolger Justinians mit neuen Ansätzen experimentierten und sich von ihrem Vorgänger in der Art der Machtausübung abgrenzten. Dadurch wird deutlich werden, dass das späte 6. Jahrhundert keineswegs nur eine oft übersehene Periode war zwischen den für den Übergang vom antiken Ostrom zu Byzanz bedeutsamen Regierungszeiten Justinians und Herakleios‘. Im Gegenteil, Entwicklungen wie die (versuchte) Abkehr von Subsidienzahlungen an Awaren und Perser, erste Ansätze einer Rückkehr des Kaisers vom Palast zum Heer, das Ende der relativen justinianischen Toleranz gegenüber den Miaphysiten, die damit einhergehende endgültige Herausbildung separater miaphysitischer Kirchenstrukturen, die vollständige christliche Durchdringung aller Formen von Kultur und Gesellschaft und das Auftreten neuer ikonographischer Motive z. B. auf den Münzen legen nahe, dass auch das späte 6. Jahrhundert selbst prägend war und sich damals neue Dynamiken der Macht etablierten. Im 7. Jahrhundert wurden diese Entwicklungen und Dynamiken unter Herakleios und seiner Dynastie fortgeführt und weiterentwickelt. Das zu Unrecht vernachlässigte späte 6. Jahrhundert war daher stilbildend für die byzantinische Zeit wenigstens bis zum Beginn des Ikonoklasmus.
Die Sektion wird aus drei Vorträgen bestehen, die jeweils 20 Minuten (plus 10 Minuten Diskussion) dauern werden. Die erste Präsentation wird einen politisch-militärischen Schwerpunkt haben, die zweite einen kirchenhistorischen und die letzte einen archäologisch-kunsthistorischen.
The Western Balkans in the late 6th century remain shrouded in mystery. Ancient historians writing about the reign of Maurice rarely mentioned these territories, focusing instead on the war against Persia or events closer to Constantinople. The most important historian of this period, Theophylact Simocatta, entirely disregarded this region. This paper aims to explore why his Οἰκουμενικὴ ἱστορία contains no mention of the Western Balkans. Its first part outlines the history of Illyricum as derived from other sources. Next, it examines events in the Western Balkans during the reign of Maurice –events that Theophylact must have been aware of but deliberately chose to omit. The final section considers the possible reasons for his omission.
In der Zeit von Justin II. bis Maurikios spalteten sich Chalkedonier und Miaphysiten endgültig in separate Kirchen. Meine Präsentation beleuchtet die Ursachen dieser Entwicklung. In den ersten Jahren Justins bis 571 schien die Wiederherstellung der Kircheneinheit zum Greifen nahe. Doch entscheidend für das Scheitern der Gespräche waren die relativ schwache Legitimation Justins und des Patriarchen von Konstantinopel, Johannes Scholastikos. Beide hatten Rivalen und waren angreifbar. Folglich gingen sie zur Verfolgung von Miaphysiten über um zu verhindern, dass sich einflussreiche, strikt anti-miaphysitische Interessengruppen gegen sie wandten, ihre Rivalen unterstützten und so ihre Stellung weiter schwächten.
Die Bildkunst in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts weist eine Reihe neuer ikonographischer Motive auf, die bis weit ins byzantinische Mittelalter nachwirkten. Die Herausbildung spezifisch chalkedonensischer Aussagen und eine zunehmende Verschränkung christlicher Motivik mit dem Kaiserbild stellen wichtige Trends dar. Diese Innovationen sind politisch motiviert und in Kommunikationsstrategien der Kaiser sowie der Eliten eingebunden. Die Präsentation konzentriert sich auf eine Gruppe von Schmuckstücken mit gefassten Münzen und Medaillons und ihre politisch-dynastische Programmatik. Dadurch wird aufgezeigt, dass bisher nicht als Objekte der kaiserlichen Vergabung erkannte Schmuckstücke wichtige historische Quellen für die Selbstdarstellung des Maurikios sind, die neue Perspektiven für die Interpretation der schriftlichen Überlieferung bieten.