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Vortragstitel:
Zukunft – future
Tag:
01.10.2010
Epoche:
Neuere/Neueste Geschichte
Sektion:
Grenzverschiebungen. Historische Semantik der 1960er und 1970er Jahre

Abstract:

Zukunft – future

Referent/in: Elke Seefried, London/Augsburg


Abstract

Mit „Zukunft“ soll schließlich die historisch-semantische Bedeutung eines Begriffs beleuchtet werden, der im Westeuropa der 1960er Jahre zu einer gesellschaftlichen und politischen Leitkategorie avancierte. Gedieh auf dem Fundament des Wohlstands und der rasanten technischen Entwicklung eine verstärkte sozialkulturelle Beschäftigung mit erwarteten, möglichen und wünschbaren „Zukünften“, so manifestierte sich diese auch in gesteigerter Planungsorientierung der Politik sowie in der Herausbildung der „Zukunftsforschung“ als Lehre von der Prognose, Planung und Zukunftsphilosophie. Die „Zukunftsforschung“ besaß ihre Vorbilder in US-amerikanischen „think tanks“ und stieg in den 1960er Jahren auch in Europa zu einer öffentlichkeitswirksamen heterogenen Disziplin auf. 

Sowohl in der Bundesrepublik wie in Großbritannien konkurrierten „technokratisch“-machbarkeitsorientierte und normativ-kritische Aufladungen des Zukunftsbegriffs, die jeweils mit dem Erwartungshorizont des Jahres 2000 verbunden waren. Anfang der 1970er Jahre verschoben sich Grenzen und Erwartungshorizonte des Zukunftsbegriffs erneut: Mathematisch-computergestützte „Weltmodelle“ (wie „The Limits to Growth“), die mehrheitlich US-amerikanischer Herkunft waren, verwiesen mit teilweise apokalyptischen Untertönen auf die Folgen ungehemmten industriellen Wachstums und besaßen einen ausgesprochen langfristigen Bezugsrahmen. Die „Weltmodelle“ wurden in Großbritannien und der Bundesrepublik intensiv rezipiert, zumal sich die Prognosen mit der Erfahrung der Öl- und Wirtschaftskrisen zu bestätigen schienen. Zugleich lagerten sich an die Debatte um die „Bewältigung“ und „Sicherung“ der Zukunft (vor allem in der Bundesrepublik hoch ideologisierte) Diskussionen um die Legitimation des kapitalistischen Systems, um soziale Ungleichheit, die Endlichkeit von Ressourcen und den „Nord-Süd-Konflikt“ an. 

In diesem Beitrag sollen die Versuche von Intellektuellen und Zukunftsforschern, den Begriff der Zukunft zu besetzen und auszudeuten, historisiert und in ihre nationalen und transnationalen Bezüge eingeordnet werden.