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Vortragstitel:
Policy-Akteure im „Großen Haus“
Tag:
01.10.2010
Epoche:
Neuere/Neueste Geschichte
Sektion:
Clan-Strukturen und Policy-Akteure

Abstract:

Policy-Akteure im „Großen Haus“. Der ZK-Apparat der SED und die Performativität kommunistischer Herrschaft

Referent/in: Rüdiger Bergien, Potsdam


Abstract

„Kommunistische Parteiherrschaft“ – das klingt nach Repression und zentralisierter Macht, nach Disziplinierung von „Abweichlern“ und „Konformitätsdruck“ auf die Parteibasis. Doch zumindest für den Poststalinismus treffen diese Assoziationen nur noch bedingt zu. Parteiherrschaft bestand seit den 1960er Jahren in immer geringerem Maße aus „Kritik und Selbstkritik“ sowie aus „Säuberungen“ von Parteiorganen. Parteiherrschaft manifestierte sich demgegenüber überwiegend in der aktualisierenden Auslegung der „offiziellen Lehre“, der Normierung ideologischer Repräsentationen, vor allem aber: in der Kommunikation zwischen den zentralen „Apparaten“ und den ihnen nachgeordneten Parteileitungen. Die Rahmen dieser Kommunikation waren das Berichtswesen, die politischen „Anleitungen“, das gesamte Schulungswesen der SED, sowie – wenn auch nur punktuell und jeweils zeitlich begrenzt – die so genannten Brigade-Einsätze. Bei diesen „Einsätzen“ handelte es sich de facto um Inspektionen von Abordnungen (den „Brigaden“) des SED-ZK-Apparats (oder einer Bezirksleitung) bei nachgeordneten Parteiorganen; die Einsätze dienten in der Regel der Untersuchung von „Problemen“ wie der mangelnden Planerfüllung oder „politisch-ideologischer Unsicherheiten“. Der Beitrag widmet sich der sozialen Praxis dieser Brigadeeinsätze und geht von der These aus, dass die Analyse parteiinterner Kommunikation die Performativität dieser Kommunikation – also deren Handlungsebene – einbeziehen muss. Erst auf diese Weise werden Faktoren für die relative Stabilität der SED-Parteiherrschaft sichtbar, die jenseits der dichotomischen Kategorien „Repression“ und „Unterordnung“ liegen.