„Infrastruktur“ im Mittelalter? Wasserbauten am Oberrhein und in der Toskana zwischen gemeinem nutz und felice stato
Referent/in: Gerrit Schenk, Darmstadt
Abstract
Während Zusammenhänge zwischen Wasserbauten und Macht bei orientalisch-despotischen sogenannten „hydraulischen Kulturen“ (Wittfogel), bei sogenannten Dammbaugesellschaften an der Nordseeküste und in der Lagunenstadt Venedig ein intensiv erörtertes Thema sind, wurden vergleichbare Fragen im Zusammenhang mit der spätmittelalterlichen Regulierung von Flüssen kaum behandelt.
Die Organisation und Administration der Wasserbauten zwischen privaten und öffentlichen Interessen führte zur Ausbildung spezifischer gesellschaftlicher Strukturen, Administrationen und Institutionen. Interessenskonkurrenzen und Interessenkongruenzen unterschiedlicher sozialer Gruppen spielten dabei ebenso eine Rolle wie Rechtstraditionen und Wirtschaftsweisen. Im Vortrag wird analysiert, inwieweit und warum sich recht unterschiedliche Entwicklungspfade beim Bau und Unterhalt von Wasserbauten ausformten. Er stellt die Spannweite von Legitimierungsdiskursen für Infrastrukturen vor, die genossenschaftlich wie herrschaftlich geprägt sein konnten, und entwickelt Thesen über die Koevolution von Gesellschafts- und Infrastrukturen in der longue durée.