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Vortragstitel:
Barrieren – Passagen
Tag:
01.10.2010
Epoche:
Geschichte des Mittelalters
Sektion:
Passagen über Grenzen

Abstract:

Barrieren – Passagen. Jüdische Eliten, Religionsgesetz und die Gestaltung des Minderheiten-Mehrheiten-Verhältnisses zwischen Juden und Nicht-Juden auf der Iberischen Halbinsel

Referent/in: Frederek Musall, Heidelberg


Abstract

Das dichotome Verhältnis „Barrien-Passagen“ eröffnet ein Spannungsfeld, in welchem Mechanismen und Strategien der Definition, – von Ab-, Ein- und Entgrenzung –, Anwendung finden, die die Bestimmung und Behauptung des Eigenen gegenüber einem religiös bzw. kulturell Anderen ermöglichen. Dabei gibt es je nach Aspekt und Fragestellung unterschiedliche Möglichkeiten, wie dieses Spannungsfeld wahrgenommen wird und verhandelt bzw. gestaltet werden kann. So können beispielsweise etwa Philosophie und Wissenschaft einerseits eine gemeinsame und verbindende Basis epistemologischer Perspektiven bieten, aber andererseits auch durchaus in ihrer Wahrnehmung als ‚fremdes Wissen‘ als Konkurrenz bis hin zur möglichen Bedrohung eigener Wirklichkeitsdeutungen und der damit einhergehenden Ansprüchen aufgefasst werden. Jedoch scheint kaum ein Gebiet bezüglich des eigenen Selbstverständnisses so sensitiv zu sein wie das des Religionsgesetzes, das sowohl Autorität als auch Authentizität beanspruchen und gewährleisten will. Was aber nun, wenn ausgerechnet dieses Religionsgesetz in seiner Deutung durch das des religiös Anderen strukturell wie hermeneutisch-pragmatisch geprägt wird? Haben wir es dabei mit einer Adaption bzw. Transformation des Anderen ins das Eigene zu tun? Oder aber droht dadurch nicht gar eine Unterwanderung des Eigenen durch das Andere?

Dieser sensitiven Fragestellung soll exemplarisch anhand der intertextuellen Beziehung zwischen Iḥya ulum ad-din (‚Die Wiederbelebung der religiösen Wissenschaften‘), dem umfassenden Hauptwerk des persisch-muslimischen Theologen und Rechtsgelehrten Imam Abu Hamid al-Ghazali (1058–1111) und des Religionskodex Mishneh Torah (‚Wiederholung der Lehre‘) des jüdisch-andalusischen Philosophen und Rechtsgelehrten Rabbi Moses Maimonides (1138–1204) nachgegangen werden. Dabei soll insbesondere auch auf al-Ghazalis prägenden Einfluss auf das almohadische Denken und seine Doktrin im muslimischen Spanien und dessen Aufnahme und Verarbeitung im Denken des im Almohaden-Reich aufgewachsenen Maimonides eingegangen werden, wie auch auf die zeitgenössischen Kritik an dem maimonidischen Projekt der Mishneh Torah.