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Vortragstitel:
Aushandlungsorte lokaler Herrschaft in England und Böhmen
Tag:
29.09.2010
Epoche:
Neuere/Neueste Geschichte
Sektion:
Staatsausbau als Grenzüberschreitung: Das Vordringen der Staatsgewalt auf die lokale Ebene

Abstract:

Aushandlungsorte lokaler Herrschaft in England und Böhmen: Lokalverwaltungen und Gerichte zwischen Staat, Adel und lokaler Bevölkerung

Referent/in: Tatjana Tönsmeyer, Berlin/München


Abstract

Tatjana Tönsmeyer nimmt in ihrem Vortrag die Orte in den Blick, an denen lokale Herrschaft ausgehandelt wurde. Am Beispiel der lokalen Verwaltungen und der unteren Gerichtsbarkeit untersucht sie, wie in England und in Böhmen staatliche Institutionen, lokale Eliten und örtliche Bevölkerung aufeinander trafen. Der Vortrag wird dabei für England zeigen, dass der Staat hier erst spät und auch nur zurückhaltend in die Fläche vorrückte. Nur zögernd beschnitt er die eher auf Tradition als auf Rechtsposition basierende soziale Position des Adels, wie dies die Reform der Grafschaftsverwaltung der 1880er Jahren zeigt. Ähnliches gilt auch für die Gerichte, denen schon Zeitgenossen vorwarfen, „Klassenjustiz“ zu betreiben, so dass sie vielfach eher konfliktverschärfend wirkten. Anders die Situation in Böhmen: Hier bediente sich der Adel einerseits der Lokalverwaltungen zur Vergesellschaftung örtlicher Interessen, auch gegen den Staat, war aber gleichzeitig zur Bewältigung von Konflikten auf die Gerichte angewiesen. Diese trugen jedoch, da sie Teil des staatlichen Instanzenzuges geworden waren, zur Deeskalation durch Verrechtlichung bei – was wiederum dem Adel die erwähnten Vergesellschaftungen erst ermöglichte. Zu beobachten sind daher Aushandlungsprozesse im Rahmen staatlich gesetzter „Spielregeln“.