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Vortragstitel:
Blutige Ursprünge. Das Bürgerkriegsnarrativ und die Formierung der römischen Alleinherrschaft
Tag:
29.09.2010
Epoche:
Alte Geschichte
Sektion:
Prekäre Siege. Die römische Monarchie und der Bürgerkrieg

Abstract:

Blutige Ursprünge. Das Bürgerkriegsnarrativ und die Formierung der römischen Alleinherrschaft

Referent/in: Ulrich Gotter


Abstract

Die Brutalität und transgressive Qualität der Geschichten, die über die römischen Bürger-kriege kursierten, war ohne Parallele in der römischen Erinnerungskultur. Auch Jahrzehnte, ja Jahrhunderte nach dem blutigen Geschehen blieben die Ereignisse memorial präsent. Die Erklärung dafür soll in der privilegierten Verbindung zwischen Alleinherrschaft in Rom und innerem Krieg gesucht werden. Denn das neue politische System in Rom, der augusteische Prinzipat, war zuallererst das Produkt eines zwanzigjährigen Bürgerkrieges und musste sich diesem blutigen Ursprung auch diskursiv stellen. In dieser Konstellation entwickelt das brutale Narrativ der Bürgerkriege eine durchaus ambivalente Semantik. Auf der einen Seite beruhte die vom neuen Herrscher reklamierte auctoritas zu einem ganz wesentlichen Teil auf seinem Verdienst, den Bürgerkrieg beendet zu haben. Auf der anderen Seite aber war der Bürgerkrieg das Instrument zum Untergang der alten Ordnung und zur Ausrottung der traditionellen Führungsschicht gewesen – und Caesar und Augustus waren nicht nur Teilnehmer, sondern – als Sieger – auch die unmittelbaren Profiteure dieses illegitimen Blutvergießens. In diesem Sinne soll die demonstrative Erinnerung an den inneren Krieg und insbesondere die narrative Brutalisierung des Geschehens als ein immer wieder aktualisierbares Medium interpretiert werden, zeitgenössische Herrschaftsstrukturen infragezustellen bzw. zu denunzieren.