Grenzziehungen. Projektionen nationaler Identität auf Migranten in europäischen Städten nach 1945

 

(29. September 2010 - 15.15 bis 18 Uhr - HS 1.201)

 Leitung: Bettina Severin-Barboutie, Gießen

 

 

1. Orte der Migration. Stadt und Nation im Einwanderungsprozess

Referent/in: Roberto Sala, Erfurt


2. Koloniale Nationalitäten und ihre europäischen Grenzen: Wahrnehmung und Kategorisierung von Migranten in Frankreich und Großbritannien (1945–1965)

Referent/in: Imke Sturm-Martin, Köln


3. Transnationale Netzwerke und nationale Ressourcen: Zur Verortung von Deutschen und Marokkanern in Brüssel

Referent/in: Martin Zillinger, Siegen


4. Banlieue und Nation. Jugendliche Migranten in französischen Großstädten

Referent/in: Susanne Grindel, Braunschweig 


5. A new form of border: The case of asylum seekers in Strasbourg

Referent/in: Patricia Zander, Straßburg


Abstract

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, vor allem seit den 1950er Jahren setzten in vielen europäischen Groβstädten massive Zuwanderungen ein. Bei diesen Wanderungsbewegungen spielte die Nation eine maβgebliche Rolle, sei es als Distinktionsmerkmal, indem ausländische Migranten innerhalb der städtischen Gesellschaft als nationale und das hieβ kulturell andersartige Groβgruppen imaginiert wurden, oder als Zeichen der Zugehörigkeit, indem diese a priori als Bestandteil der politischen Gemeinschaft galten. Zuwanderungen in die Stadt wurden demnach immer von Prozessen der Gemeinschaftsbildung begleitet, die von nationalen Vorstellungsmustern geprägt oder zumindest beeinflusst waren und Grenzziehungen zur Folge hatten. 

Auch bei der wissenschaftlichen Erforschung von Migrationsphänomenen war und ist die Nation von groβer Bedeutung. Das heuristische Potential des nationalen Distinktionsmerkmals ist inzwischen jedoch nicht mehr unbestritten. Die Kritik richtet sich dabei weniger gegen die nationale Analysekategorie an sich als vielmehr gegen die Tatsache, dass die Vorstellung von nationalen Gemeinschaften bei der Wissensproduktion meist unreflektiert übernommen und damit zeitgenössische Wahrnehmungsmuster nicht nur reproduziert, sondern wissenschaftlich fundiert werden. Gleichwohl fehlt es bislang an Überlegungen darüber, wie die Nation als Kategorie bei der Analyse von Zuwanderungen konzeptionell weiterentwickelt und damit insgesamt tragfähiger gemacht werden kann. Jene Studien, die sich anderen gemeinschaftsbildenden Faktoren widmen, um eine Präjudizierung von Ergebnissen durch nationale Unterscheidungskriterien zu vermeiden, helfen in der Frage kaum weiter, so ertragreich sie auch sonst sind. 

Ziel der Sektion ist es, anhand von Beispielen aus Deutschland, Frankreich, Groβbritannien und Italien die Rolle und Bedeutung der Nation bei den zeithistorischen Zuwanderungen in der europäischen Stadt von der Grenze her zu bestimmen. Im Mittelpunkt steht dabei zum einen die Frage, welchen Einfluss nationale Zugehörigkeiten oder Zuschreibungen auf die Existenz, Konstitutierung und/oder Beseitigung von Grenzen in der Stadt hatten und wie sich unter Umständen quer dazu verlaufende Prozesse auf europäischer Ebene in diese Entwicklungen einfügten. Zum anderen geht es um die historische Rolle und Bedeutung der Stadt bei diesen Prozessen. Die Stadt wird demnach nicht nur als Ort, sondern auch und vor allem als Akteurin und Produzentin verstanden.

Vorträge Epoche
Orte der Migration. Stadt und Nation im Einwanderungsprozess Neuere/Neueste Geschichte
Koloniale Nationalitäten und ihre europäischen Grenzen Neuere/Neueste Geschichte
Transnationale Netzwerke und nationale Ressourcen Neuere/Neueste Geschichte
Banlieue und Nation. Jugendliche Migranten in französischen Großstädten Neuere/Neueste Geschichte
A new form of border: The case of asylum seekers in Strasbourg Neuere/Neueste Geschichte