Zwischen Freiheit und Zwang: Open Access in den Geschichtswissenschaften

(30. September 2010 - 9.15 bis 13 Uhr - HS 3094/96)

Leitung und Moderation: Prof. Dr. Gudrun Gersmann, Paris / Dr. Rüdiger Hohls, Berlin



Diskutanten

Prof. Dr. Frank Bösch, Gießen

Prof. Dr. Christoph Cornelißen, Kiel

Dr. Johannes Fournier, Bonn

Prof. Dr. Simone Lässig, Braunschweig

Dr. Christoph Links, Berlin

Prof. Dr. Ulrich Johannes Schneider, Leipzig

Prof. Dr. Martin Schulze-Wessel, München

Matthias Ulmer, Stuttgart


Abstract

Fragestellung und Ziele

Die Geschichtswissenschaften kennen eine Vielfalt von Publikationsformen, die weitgehend einem international kanonisierten Schema folgen und eingespielten Vertriebswege unterliegen. Neben dem Aufsatz in der Fachzeitschrift und dem Sammelband sind es vor allem Monographien im Buchformat, die der Darstellung von Forschungsergebnissen dienen. Allerdings hat die Pluralität der Publikationsformen mit der Etablierung fachspezifischer digitaler Publikationen zuletzt deutlich zugenommen, wobei sich diese häufig an den Strukturen, Organisationsmodellen und Mechanismen des verlagsorientierten Publikationssystems orientieren. Das Wachstum fachwissenschaftlicher Online‐Journale, Repositorien und Plattformen in den zurückliegenden zehn Jahren wurde begünstigt durch die Ausweitung der DFG‐Förderung auf die Bildung von Infrastrukturen für das elektronische Publizieren und des Aufbaus virtueller Fachbibliotheken.

„Open Access“ steht für den freien, unbeschränkten und kostenlosen Zugang zu wissenschaftlicher Information im Internet. Spätestens seit der „Berliner Erklärung über den offenen Zugang zu wissenschaftlichem Wissen“ im Jahr 2003 formierte sich unter diesem Begriff eine international und interdisziplinär aufgestellte Bewegung, die ein neues Publikationsparadigma etablieren möchte und in Deutschland breite Unterstützung durch die Forschungsförderungsorganisationen und durch viele wissenschaftliche Einrichtungen genießt. Inzwischen sind Open‐Access‐Zeitschriften auch in den Geschichtswissenschaften selbstverständlich ebenso wie ein kontinuierlich wachsender Pool elektronisch verfügbarer Volltexte älterer wie jüngerer Publikationen, die über Repositorien zur Verfügung gestellt werden. Zudem haben sich darüber neue Kooperationen und Rollenverteilungen zwischen Autoren/inne, Verlagen, Bibliotheken und Rechenzentren herausgebildet.

Jedoch wird „Open Access“ als neues Publikationsparadigma keineswegs durchgehend begrüßt, weder von Seiten der Verlage noch seitens der fachwissenschaftlicher Autorinnen und Autoren und Rezipienten. Vor dem Hintergrund einer schwelenden Diskussion über das Vorhaben „Book Search“ des Suchgiganten Google und der Sorge über die Aushöhlung das Urheberrechts manifestierte sich mit der Veröffentlichung des so genannten „Heidelberger Appells“ (Für Publikationsfreiheit und die Wahrung der Urheberrechte) Anfang des Jahres 2009 die Ablehnung und insbesondere in Deutschland entbrannte eine kontrovers ausgetragene und vielbeachtete Diskussion darüber, inwieweit Open Access das Selbstverständnis und die Freiheit der Forschung berührt oder gar konterkariert. Schlagwörter wie Open Exzess, technokratische Machtergreifung, Enteignung, Publikationszwang und Existenzvernichtung machten die Runde. Bekanntlich sind die Ansichten zu diesem Thema auch unter den Historikerinnen und Historikern geteilt.

Ziel der Podiumsdiskussion ist es, diese für die Geschichtswissenschaften wichtige Debatte aufzunehmen und hinsichtlich allgemeiner wie fachspezifischer Aspekte zu diskutieren. Auf dem Podium sollen Vertreterinnen und Vertreter unterschiedlicher Expertise, Funktion, Interessen‐ und
Motivlagen und fachlicher Nähe vertreten sein: so u.a. Fachwissenschaftler/innen in ihren wechselnden Rollen als Lehrende, Forscher/innen, Autor/innen, Herausgeber/innen und Leser/innen, aber auch Vertreter der Verlage, Bibliotheken und Literaturdokumentation sowie je ein Vertreter der Forschungsförderer und ein Medienexperte.


Ablauf 

Durch ein kurzes Impulsreferat der Sektionsleiter wird eingangs auf die Entwicklung und den Stand des elektronischen Publizierens und auf das Entstehen sowie die Zielstellungen der Open‐Access Bewegung einzugehen sein. Zudem gilt es die Grundpositionen und den Verlauf der kontroversen Debatte seit Veröffentlichung des Heidelberger Appells zum Jahresanfang 2009 kurz zu rekapitulieren sowie zwischenzeitliche Entwicklungen aufzunehmen und den disziplinären Kontext abzustecken. Anschließend sind die Teilnehmer/innen des Podiums gehalten, ihre Einschätzungen und Positionen zum Thema durch thesenartige Statements zu markieren, wobei den Diskutanten im Vorfeld der Veranstaltung einige Leitfragen von den Sektionsleitern übermittelt haben. Im weiteren Verlauf wird die Diskussion gegenüber dem Publikum geöffnet werden.

Vorträge Epoche
Zwischen Freiheit und Zwang: Open Access in den Geschichtswissenschaften Podiumsdiskussion