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Vortragstitel:
Die Ethik des Reichtums im Herzogtum Burgund
Tag:
30.09.2010
Epoche:
Geschichte des Mittelalters
Sektion:
Grenzenloser Reichtum? Spätmittelalterliche Reflexionen über Geld, Gier und das Glück

Abstract:

Die Ethik des Reichtums im Herzogtum Burgund

Referent/in: Petra Schulte, Köln


Abstract

In der franko-burgundischen Literatur, die dem Herzog und dem Adel die Grundlagen der politischen Ethik vermittelte, wurde der Reichtum des Herrschers als notwendig deklariert und mit der Existenz eines Schatzes (trésor) verbunden, auf den nur in der Not zurückgegriffen werden dürfe. Das offen präsentierte, richtig verwendete Vermögen erhebe den Fürsten über die anderen, mache es insofern unmöglich, sich mit ihm zu vergleichen, und wirke auf potentielle Gegner abschreckend. Komme es dennoch zum Krieg, verfüge der Herrscher über genügend Geld, um schnell ein Heer zusammenstellen, das ihn und sein Land verteidige. Die Erörterung des Fundaments dieses Reichtums wurde maßgeblich von dem naturrechtlichen Gebot bestimmt, den anderen in seinem Eigentum nicht zu schädigen. Der Fürst dürfe allein im Fall der Not, das heißt des unmittelbar bevorstehenden, von ihm nicht verschuldeten Kriegs und der Hochzeit seiner Töchter, Abgaben von den Untertanen erheben und habe ansonsten von den Einkünften aus seiner Domäne zu leben und für den Fall der äußeren Bedrohung Geld zurückzulegen. Die Tatsache, dass bei den burgundischen Herzögen – anders als ihr nach außen gezeigter, vielbewunderter Reichtum vermuten ließe – das Geld stets knapp war, führte in ihrem Umfeld zu einer offen formuliert Kritik. Unter Philipp dem Guten und Karl dem Kühnen wurden die Gründe für die Finanznot benannt, nachdrücklich deren negativen Folgen aufgezeigt und mit dem Hinweis, dass die Ausgaben den Einnahmen zu entsprechen hätten, Haushaltspläne entwickelt. Ferner diskutierte man das Laster der avaritia und die Tugend der liberalitas, der Freigebigkeit, neu.