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Vortragstitel:
Lucra honorabilia. Reichtum und Herrschaft in der spätmittelalterlichen politischen Philosophie
Tag:
30.09.2010
Epoche:
Geschichte des Mittelalters
Sektion:
Grenzenloser Reichtum? Spätmittelalterliche Reflexionen über Geld, Gier und das Glück

Abstract:

Lucra honorabilia. Reichtum und Herrschaft in der spätmittelalterlichen politischen Philosophie

Referent/in: Ulrich Meier, Bielefeld


Abstract

Seit der Antike war der Diskurs über Reichtum eng mit dem Nachdenken über die rechte Verfassung des Gemeinwesens verknüpft. Besitz galt als notwendiges Mittel zu einem guten Leben in Polis und Republik. Mit der Christianisierung Roms und Europas setzte eine folgenschwere Theologisierung der genannten Sachverhalte ein. Herrschaft, Besitz und Reichtum standen nun unter erhöhtem Begründungszwang. Erst der Sündenfall nämlich schien sie hervorgebracht und nötig gemacht zu haben. Sünde und Herrschaft verwiesen damit ebenso aufeinander wie Sündenfall und Reichtum. Seit dem 12. Jahrhundert allerdings differenzierten sich die Diskurse erneut aus; es wurde, so die erste These, erneut möglich, über Herrschaft und Eigentum als natürliche Sachverhalte zu reden. Verantwortlich dafür war die verstärkte Hinwendung zum römischen und kanonischen Recht. Auffallend ist, dass das Nachdenken über Herrschaft in diesem Kontext dem Nachdenken über Eigentum argumentativ und strukturell frappierend ähnelte. Die vollständige Lösung der Eigentums- und Reichtumsproblematik von der Heilsgeschichte geschah dann im Rahmen der politischen Theorie und vor allem im Umfeld der Stadtrepubliken. Die Diskussion um die Bedeutung des Reichtums für die Republik wird deshalb der zweite Schwerpunkt des Beitrags sein. In einem dritten Zugriff wird schließlich ein radikaler Perspektivwechsel vollzogen. Thematisiert werden die Auswirkungen eines fundamentalen Paradigmenwechsels im physikalischen Kausalitätskonzept um 1300 auf die Vorstellungen von Reichtumsbildung und auf die Theorie von Herrschaft. Alle drei genannten Diskursfelder verweisen auf Modernisierungspotentiale mittelalterlichen Denkens, die es in ihrer Komplexität und in ihrer Relevanz für die Neuzeit erst noch freizulegen gilt.