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Vortragstitel:
Theorien der Politik in der Zeitgeschichte. Internationale Beziehungen und Energie in den 1970ern
Tag:
29.09.2010
Epoche:
Neuere/Neueste Geschichte
Sektion:
Zeitgeschichtliche Forschungen über Fächergrenzen und die Grenzen des Fachs

Abstract:

Theorien der Politik in der Zeitgeschichte. Internationale Beziehungen und Energie in den 1970er Jahren

Referent/in: Rüdiger Graf, Bochum


Abstract

Im Untersuchungszeitraum der Zeitgeschichte produzierten Politikwissenschaftler vielfältige Deutungen ihrer Gegenwart, die auch in der Rückschau oft nicht nur empirisch gut informiert sind, sondern ebenso theoretisch ambitionierte Entwürfe darüber beinhalten, wie sich Politik vollzieht und wie sie erklärt werden kann. Grundsätzlich kann die Zeitgeschichte von der Politikwissenschaft dadurch abgegrenzt werden, dass es letzterer meist stärker um die Begründung ihrer theoretischen Überlegungen als um die empirisch genaue Darstellung konkreter Problemzusammenhänge geht. Angesichts des oft fehlenden eigenen theoretischen Zugriffs der Zeitgeschichte bleibt allerdings bisweilen unklar, was diese den politikwissenschaftlichen Analysen jenseits der archivgestützten Ausmalung theoretischer Erklärungsmodelle hinzuzufügen hat. Im Vortrag wird diese Frage am Beispiel der Theorien internationaler Politik und transnationaler nicht-gouvernementaler Akteure untersucht, die vor allem in den 1970er Jahren zur Beschreibung und Erklärung der Veränderungen der internationalen Beziehungen entwickelt wurden. Nicht zuletzt die Energiekrisen lösten intensive Reflexionen im Feld der internationalen politischen Ökonomie aus und bildeten wichtige Ausgangspunkte der Theorie internationaler Beziehungen. Während die Grundannahmen dieser Theorien heute oft in den Beschreibungen der Transformationsprozesse der 1970er Jahre reproduziert werden, versucht der Vortrag, sie stärker als zeitgenössischen Reflexionsdiskurs aufzufassen, der die Phänomene erst mitkonstituierte, die er begreifen wollte. Nur indem die zeitgenössischen Wirkungszusammenhänge politikwissenschaftlicher Deutungsmuster aufgedeckt werden, kann die historische Interpretation sich von diesen abgrenzen, über sie hinausweisen und eigen-ständige Interpretationsleistungen erbringen.