Mehr Akzeptanz von Paradox und Widerspruch

Dafür sprach sich Rolf Michael Schneider im Rahmen seines Vortrages „Der Orient in Rom: Das Fremde im Zentrum der Macht“ aus. Er sowie vier weitere Referenten boten in der Sektion „ Politisch-Kulturelle Ungleichheiten im Spannungsfeld zwischen Orient und Okzident“ ein weitgefächertes Programm. Einleitende Worte fand Sitta von Reden, die besonders auf die Unterschiede aufmerksam machte, mit denen sich kulturelle Ungleichheiten in der Antike konstituierten. So sei vor allem die Diskrepanz zwischen wissenschaftlichen Analysemöglichkeiten von Diskursen und sozialer Realität zu berücksichtigen, sowie die verschiedenartigen Wahrnehmungen von Ungleichheiten im Alltag innerhalb einer Kulturgruppe.

Anschließend sprach Joseph Wiesehöfer über Iranische Nationalgeschichte und ging näher auf die politisch-kulturellen Ungleichheiten der Iranischen Herrscherhäuser ein. Insbesondere im „Herrenbuch“, das die Regierungszeiten von über 50 Königen umfasst, wird das Bild einer ewigen Feindschaft in den römisch- sasanidischen Beziehungen dargestellt. Dabei wird jedoch weniger Ereignisgeschichte erzählt, sondern es werden vielmehr heroische Stoffe verarbeitet, die den Iran trotz aller Krisen immer siegen lassen.

Gregor Weber leitete die triologische Reihe der Vorträge über das hellenistische Ägypten ein. Nach einem kurzen epochalen Überblick der Herrschaftszeit der Griechen bzw. Makedonier in Ägypten ging er auf entscheidende Schnittstellen von ethnischen und kulturellen Ungleichheiten in dieser Zeit ein. Was mit dem Einzug Alexander des Großen in Ägypten begonnen hatte, setze sich in den folgenden Jahrhunderten durch. Die griechische Kultur verbreitete sich und bewirkte vor allem in der ägyptischen Sprache, Religion und Lebensweise langfristige Veränderungen. Allerdings führten dabei eher die sprachlichen als die sozialen Unterschiede zu Benachteiligungen im alltäglichen Leben. So waren die griechischen Einwanderer nicht bereit die Sprache zu lernen, interessierten sich aber für die ägyptische Kultur.

Aus ägyptischer Perspektive betrachtete Stefan Pfeiffer die Lage der ägyptischen Priester und den ptolemäischen Herrscherkult. Letztgenannter übte bei der Überwindung der Diskrepanzen zwischen Griechen und Ägyptern eine entschiedene Rolle aus und stellte einen durchweg intendierten Kulturkontakt dar.

Thematisch weitergehend referierte Sitta von Reden über die machtpolitische Bedeutung der mythologischen Formensprache in Ägypten. Hierzu erläuterte sie die Folgen 300-jähriger griechischer Besatzung auf den Götterkult, wobei eher ein Konglomerat aus ägyptischem, griechischem und ptolemäischem Kult entstand.

Im abschließenden Vortrag „Der Orient in Rom“ ging Rolf Michael Schneider auf die öffentliche Darstellung von Feindbildern in Rom unter dialektischer Betrachtungsweise ein. Festzuhalten ist, dass gerade in der Alten Geschichte Widersprüchlichkeiten zugelassen wurden. Die Integration von scheinbar Unvereinbarem war geradezu eine Voraussetzung für einen Anspruch auf Ausübung und die Dauer von Macht. Eine radikalisierte, asymmetrische Ungleichheit kann laut den Referenten für den antiken Raum nicht belegt werden.

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