Die Abstracts der Sektionen wurden aktualisiert |
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Der Berichtsband erscheint voraussichtlich im Sommer 2009. Wir werden Sie an dieser Stelle weiterhin informieren. |
Ungleichheiten vor Gericht: Epochenübergreifende Perspektiven
Leitung: Joachim Eibach, Bern / Rebekka Habermas, Göttingen
Abstract zur Sektion
In der Vormoderne wie in der Moderne stellte die Justiz eine der wichtigsten Institutionen zur Herstellung und Überprüfung von legitimen Ungleichheiten dar. Ausgangspunkt der Sektion ist die jüngere kriminalitätshistorische Forschung. Während die Attraktivität des Forschungsfelds für den kulturhistorischen Ansatz insbesondere in der Vormoderne primär von der Möglichkeit zu Explorationen in die Lebenswelten der ‚kleinen Akteure’ anhand von Gerichtsakten ausging, ergaben sich auch neue Einsichten in die Funktionsweisen der Justiz. Gerichte entpuppten sich als eine Institution, die für Akteurinnen und Akteure zur Durchsetzung von Rechtvorstellungen zugänglich sein konnten. Zudem handelten die Richter zwar nicht gemäß einer modernen Vorstellung von abstrakter Rechtsgleichheit, reflektierten aber in einer eigenen Logik die ‚Umstände’ von Tat und Täter.
Ziel der Sektion ist es, verschiedene Formen von Ungleichheit in der Praxis und als Resultat des Handelns der Justiz epochenübergreifend zu rekonstruieren. Das Verfahren vor Gericht soll nicht mehr als räumlich abgeschlossen und rein obrigkeitlich determiniert verstanden werden, sondern im Sinne der Rechtsethnologie als Akt des Aushandelns (‚Dispute Process’), an dem Akteure und Akteurinnen mit unterschiedlich viel Macht und Glaubwürdigkeitskapital direkt oder indirekt beteiligt sind. Die Sektion wird drei Leitachsen der Ungleichheit ansprechen:
Welche Trennlinien zogen Richter, Angeklagte und Zeugen? Reproduzierten Verfahren und Urteilssprüche die allgemeinen Strukturen der Ungleichheit oder bot die Praxis der Justiz auch Chancen, Ungleichheiten zu verändern? In welchem Sinne wurde Gleichheit überhaupt erwartet und gefordert? Die Sektion verfolgt ferner das Ziel, teleologische Fluchtpunkte der Argumentation im Sinne einer kontinuierlichen Zunahme an ‚Fortschritt’ oder aber an ‚Disziplinierung’ in der Geschichte der Justiz infrage zu stellen.