Eugen Pfister Tobias Winnerling Felix Zimmermann (Chair of the panel)

Playing History as it really was – The Digital Game as reflected in its Authenticity Discourses

Abstract

Digital games are not only a product but also a producer of our culture. They play an active role in shaping popular cultural and political discourses and are, therefore, a valuable source for historians who try to understand how conflicting interpretations of the past are negotiated in society. Thus, digital games allow for a better understanding of discourse dynamics, social group formations and media trends. In this respect, especially games which employ a historical setting are of interest for historians.
The conceptions of history communicated and constructed in these games allow for far-reaching insights into for pop-cultural discourses about the past. Such imaginations of our past are however only loosely connected to a scientific historical debate and are more concerned with consumer’s expectations, the marketing logic of the game publishers and the “creative freedom” of developers. Consequently, historical digital games are valuable sources to question the medium’s influence on contemporary societal discussions on politics, ideology and entertainment.
In our section we will be focussing on one of the most crucial categories prominent in conflicting interpretations of the past: authenticity. Experts, so-called gamers and an interested general public often clash in fierce debates circling around the buzzword authenticity and in doing so point to a central question of our times: Which role can and should popular media play in historical culture?

Charlotte Jahnz (Bonn)
Moderation
Eugen Pfister (Bern)
Keine Atempause! Geschichte wird gemacht. Es geht voran! - Zum teleologischen Geschichtsverständnis in digitalen Spielen. Geschichte als Konstrukt

Wir begegnen heute in den meisten digitalen Spielen mit einem Geschichtsverständnis, das direkt dem 19. Jahrhundert entnommen scheint. Geschichte wird es hier vor allem in der Rankschen Tradition als politische Staatengeschichte begriffen. Von den größeren Paradigmenwechsel in der historischen Forschung des vergangenen Jahrhunderts findet sich – zumindest nach erstem Augenschein – keine Spur. Lassen sich moderne Erkenntnisse der Alltagsgeschichte oder gar der historischen Diskursanalyse nicht in Spiele übersetzen? Lassen sich Spiele wirklich nur als Konflikt-Simulationen denken?

Tobias Winnerling (Düsseldorf)
Es war einmal im Jahre Quersumme Neun - oder nicht? Zwei Jahrzehnte wissenschaftlicher und populärkultureller Diskussionen um die Deutung der “Anno”-Serie

1998 wurde Anno 1602 veröffentlicht, das erste Spiel einer Reihe von Titeln, die alle dasselbe boten: Eine Aufbausimulation in einer ‘neuen’, ‘jungfräulichen’ Welt. Diskussionen über diese Spiele und die Darstellungen der kontroversen historischen Inhalte, die sie verhandelten, des Kolonialismus und der damit zusammenhängenden Unterdrückungs- und Ausbeutungsformen, rückten allerdings an den Rand der akademischen Sphäre oder wurden seit der Jahrtausendwende nur noch spieler*innenseitig geführt. Eine Reaktion in der Geschichtswissenschaft deutet sich erst wieder mit den Diskussionen um das 2018 erschienene Anno 1800 an.

Felix Zimmermann (Köln)
Das Digitale Spiel und seine Atmosphären: Wie Vergangenheitsatmosphären hergestellt werden und wie sie Authentizitätsbedürfnisse befriedigen

Die Atmosphären des digitalen Spiels stellen den Erstkontakt aller Spieler*innen mit den virtuellen Welten dar. Als spezifische Form werden die Vergangenheitsatmosphären identifiziert, die dazu in der Lage sind, Gefühle von Authentizität bei Spieler*innen hervorzurufen und die so den Eindruck erwecken, in vergangene Wirklichkeiten eintauchen zu können. Das Konzept der Vergangenheitsatmosphären ist damit als ein Beitrag zu verstehen, der dazu anregt, digitale Spiele aus phänomenologischer Perspektive zu betrachten. Ebenso soll der Blick geschärft werden für die Techniken der Spieleentwickler*innen, die gekonnt und oft unbemerkt solche Vergangenheitsatmosphären herstellen.

Kathrin Trattner (Bochum)
#NotMyBattlefield: Zur ‚historischen Authentizität‘ als Kampfbegriff in Gamerdiskussionen

Noch bevor Battlefield V im September 2018 erschien, zog das Entwicklerstudio DICE bereits den Zorn zahlreicher Fans der erfolgreichen Spielereihe auf sich. Fans kritisierten, die prominente Darstellung von Frauen im Kontext des Zweiten Weltkrieges sei ‚historisch unauthentisch.‘ Hunderte Petitionen, die eine Abänderung des Spiels verlangten, wurden gestartet und der Hashtag #NotMyBattlefield war geboren. Der Vortrag will durch die Auswertung von Fandiskussionen auf sozialen Netzwerken der Frage nachgehen, wie ‚historische Authentizität‘ als Begriff in der Debatte konstruiert und funktionalisiert wurde und analysieren, welche Diskurse um Gender und Identität letztlich darin sichtbar werden.