Logo des 49. Historikertags 2012 Ressourcen und Konflikte

49. Deutscher Historikertag 2012: Ressourcen - Konflikte

Zwangsmigration und Zwangsarbeit im nationalsozialistischen Deutschland und in der Sowjetunion während des Zweiten Weltkriegs

Referent/in: Pavel Polian (Freiburg i. Br.)

Abstract:
Zwangsmigrationen und Zwangsarbeit waren wichtige Bausteine der Repressionspolitik. Sowohl das nationalsozialistische Deutschland als auch die stalinistische Sowjetunion benutzten diese Instrumente, die durch den Zweiten Weltkrieg nur außerordentlich verschärft wurden. Zwangsmigration und Zwangsarbeit eignen sich daher – unter Berücksichtigung des Sonderfalles „Vernichtungskrieg“ – für den Vergleich der beiden totalitären Regime.

Die Sowjetunion praktizierte solche Maßnahmen schon lange vor dem Krieg. Die Idee des Social Engineering war zwar auch für Berlin attraktiv, aber Moskau verfügte über die größeren Räume und griff stärker in die gesellschaftlichen Verhältnisse ein. Nach Anfängen in den 1920er Jahren wurde in den 1930er Jahren eine große Zahl von Menschen deportiert und im GULAG-System zur Zwangsarbeit herangezogen. Im Zuge der Kriegsvorbereitungen wurden seit 1935 potentiell unzuverlässige Nationalitäten aus den Grenzgebieten entfernt und die Arbeitsgesetze verschärft.

Abgesehen vom starken Auswanderungsdruck auf die jüdische Bevölkerung setzten die Nationalsozialisten vor Kriegsbeginn das Instrument der Zwangsmigration nicht ein. Unmittelbar nach den ersten militärischen Erfolgen im Osten, die große Raumgewinne brachten, begann Berlin genauso mit dem Raum zu spielen wie die Sowjets. Für die verschiedene Teile des zerstückelten Westpolen wurden unterschiedliche Rassenregime bestimmt, was Zwangsmigrationen zur Folge hatte in Form der Deportation von Juden und Polen ins Generalgouvernement und der (formal freiwilligen) Übersiedlung von Volksdeutschen aus dem Baltikum, Bessarabien usw. in die frei gemachten Territorien.

Die Radikalisierung dieser Politik (Holocaust) ist gut erforscht. Das Gleiche gilt für die Deportationen von polnischen und später sowjetischen Zwangsarbeitern ins Reich. Viel weniger ist aber über die Zwangsumsiedlungen innerhalb der von den Deutschen besetzten Gebiete der Sowjetunion bekannt. Der Vortrag wird diese Vorgänge beleuchten, zusammen mit den sowjetischen Versuchen während des Krieges, die Migrationen der eigenen Zivilbevölkerung zu steuern. Letzteres erfolgte durch Evakuierungen, Präventiv- und Vergeltungsdeportationen sowie durch Umstrukturierungen der schon zwangsumgesiedelten Kontingente.

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