Zur Evaluation der Konflikte außerschulischen Geschichtslernens an diversitätssensiblen Orten
Referent/in: Vadim OswaltAbstract:
„Und dann dachte ich ,Oh! jetzt brennt gleich die Luft’“- Diese Bemerkung einer deutschen Schülerin während der Gesprächssituation in einem multilateralen deutsch-israelisch-palästinensisch-polnischen Geschichts- und Begegnungsprojekt macht deutlich, wie spannungsvoll und vielschichtig die dort gemachten Erfahrungen von Diversität sind und wie jene oftmals nur bei der Betrachtung kommunikativer Prozesse sichtbar werden. Dies zeigen die Ergebnisse des empirischen Forschungsprojekts im Rahmen des LOEWE- Forschungsverbunds „Kulturtechniken und ihre Medialisierung“ an der Justus-Liebig-Universität Gießen, das drei transnationale Projekte mit deutschen, ostmitteleuropäischen und israelischen Schülerinnen und Schülern exemplarisch untersucht hat (gefördert von der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“/Berlin). Die Heterogenität der Akteure sowie die Fülle an kommunikativen, historisch-inhaltlichen und medialen Bezugsebenen schaffen einen multireferentiellen pädagogischen Handlungs- und Erfahrungsraum, der alle Beteiligten, also eingeschlossen Lehrerinnen und Lehrer zum diversitätssensiblen Umgang nicht nur mit differierenden historischen Deutungen, sondern auch mit anderen Lernkulturen zwingt. Welche Spannungen ergeben sich dabei z.B. zwischen dem Wunsch, in inhaltlichen Fragen Übereinstimmung zu erzielen und dem notwendigen Aushalten von Differenz? Und wie stellt sich schließlich die Bilanz für die Schülerinnen und Schüler dar? Während die fachlichen Ergebnisse oft bescheiden ausfallen, zeigt sich bei einer prozessualen empirischen Beobachtung durchaus eine Veränderung von Konzepten der Selbst- und Fremdwahrnehmung, die sich etwa in der Auseinandersetzung mit Stereotypen unter synchronen wie diachronen Perspektiven niederschlägt: Erkennbar wird die Korrektur von aktuellen nationalen Stereotypen in der persönlichen Begegnung genauso wie beim Austausch über konträre oder national geprägte Geschichtsbilder oder im durch wechselseitige Annäherung geprägten Umgang mit der gemeinsamen Geschichte.