Logo des 49. Historikertags 2012 Ressourcen und Konflikte

49. Deutscher Historikertag 2012: Ressourcen - Konflikte

Welcher Ansatz eignet sich zur Erforschung der deutsch-französischen Geschichte im Mittelalter. Beziehungsgeschichte, Vergleich oder histoire croisée?

Referent/in: Jean-Marie Moeglin

Abstract:
Frankreich und Deutschland als zwei unterschiedliche Länder, die aus einer gemeinsamen karolingischen Wurzel hervorgegangen sind, stehen am Ende eines langen Prozesses. Erst im 12. Jahrhundert war es deutlich geworden, dass zwei Länder existierten. Aber weder das eine noch das andere besaß bereits eine fortgeschrittene innere Einheit. Dies legt die Frage nahe, ob es eine Geschichte ihrer Beziehungen im Mittelalter überhaupt gegeben hat. Sie ist zweifellos zu bejahen; diese Geschichte zu schreiben, ist allerdings nicht einfach. Die Schwierigkeit liegt in der Natur des Gegenstandes selbst begründet. Noch im 19. Jahrhundert konnte man die Geschichte der Beziehungen zwischen Frankreich und Deutschland als eine Geschichte der politischen Beziehungen zwischen zwei Ländern und Nationen verstehen, die bereits klar herausgebildet waren und ihre Interessen und historischen Schicksale als gegensätzlich verstanden. Diese Sicht der Dinge ist heute allerdings aus grundsätzlichen Überlegungen heraus nicht mehr haltbar. Zwar gab es im späten Mittelalter im Hinblick auf die politischen Strukturen durchaus Formen politischer Organisation, die es erlauben, von einem Königreich Frankreich und einem Königreich Deutschland zu sprechen. Doch kann man nicht mehr davon ausgehen, dass diese Länder jeweils eine strukturierte, zusammenhängende und geeinigte Ganzheit darstellten, deren Kraft trotz möglicher interner Konflikte auf dasselbe Ziel gerichtet war. Das gilt nicht einmal auf der politischen Ebene, wo, zumindest auf französischer Seite, der Wille zur Einheit am stärksten entwickelt war. Dieser Befund ruft zur Suche nach neuen Konzepten für die Erforschung der deutsch-französischen Geschichte im Mittelalter auf.

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