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49. Deutscher Historikertag 2012: Ressourcen - Konflikte

Von der verflochtenen Geschichte zur geteilten Erinnerung. Frankreich und Deutschland im Zeitalter von Barock und Aufklärung

Referent/in: Guido Braun

Abstract:
Voltaire bei der „Tafelrunde“ Friedrichs II. in Sanssouci: das ist vielleicht eines der bekanntesten „Bilder“, die man mit der deutsch-französischen Geschichte im Jahrhundert der Aufklärung beiderseits des Rheins verbindet. Aus der Zeit des Barock wird man sich vermutlich am ehesten das Versailles Ludwigs XIV., der seinerzeit mit seinem kaiserlichen Gegenspieler Leopold I. um den Rang des „Sonnenmonarchen“ konkurrierte, und dessen Adaptionen an deutschen Fürstenhöfen in Erinnerung rufen. Diese an deutsch-französischen Berührungspunkten in Wissenschaft, Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur so reichhaltigen anderthalb Jahrhunderte sind vielfach Gegenstand von Detailuntersuchungen gewesen, jedoch nur äußerst selten im Überblick behandelt worden. Seit Bertrand Auerbachs Buch von 1912, das die französische Vertretung am Regensburger Reichstag von 1648 bis 1789 in den Mittelpunkt stellte, ist keine französischsprachige Synthese zur Gesamtepoche vorgelegt worden. 2012 erscheint nach einem Jahrhundert nun wieder eine Gesamtdarstellung in der Reihe „Histoire franco-allemande“. Dass sich die Geschichtswissenschaft lange Zeit nicht in übergreifender Perspektive dieses Zeitabschnittes deutsch-französischer Geschichte annahm, ist das Ergebnis einer bis heute nachwirkenden Trennung des Geschichtsbildes. Die verflochtene Geschichte („Histoires entremêlées“), die Deutschland und Frankreich verbindet, mündete nach dem prägnanten Diktum Étienne François’ letztlich in einer geteilten Erinnerung („mémoires partagées“). Dieses Urteil trifft in besonderer Weise auf die Frühe Neuzeit zu. Die deutsch-französischen Verflechtungen jener Zeit lassen sich, etwa auf dem Gebiet der wechselseitigen Transferleistungen in den Bereichen Technologie und Musik, mithilfe jüngerer innovativer Forschungskonzepte jedoch nachvollziehen und erklären. Der Vortrag thematisiert ihre Bedeutung für eine transnationale Geschichte und fragt nach den Ursachen des späteren Trennungsprozesses.

 

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