Logo des 49. Historikertags 2012 Ressourcen und Konflikte

49. Deutscher Historikertag 2012: Ressourcen - Konflikte

Taufe und soziale Inklusion/Exklusion in der Spätantike

Referent/in: Wolfram Brandes

Abstract:
Die Taufe als ein „Primärdatum christlicher Existenz“ ist der zentrale Zugang zur christlichen Gemeinschaft. Basierend auf dem neutestamentlichen Missionsauftrag (Matth. 28.19-20: Darum gehet hin und machet alle Völker zu Jüngern und taufet sie ...) nahm die rituelle Ausgestaltung des eigentlichen Taufvorgangs in den ersten christlichen Jahrhunderten eine teilweise komplizierte und divergierende Entwicklung. Überhaupt ist es notwenig, in dieser Frühzeit regionale Unterschiede zu beachten. Die Differenzen zwischen den konkreten Riten zwischen Jerusalem, Antiocheia und Kappadokien einerseits, dem östlichen Syrien und Ägypten, Italien und Nordafrika andererseits waren noch zu Beginn des 4. Jahrhunderts erheblich. Besonders die Rolle der Firmung wurde unterschiedlich gesehen. Die sog. Konstantinische Wende führte dann in der Folge zu einer reichsweiten Vereinheitlichung, woran verschiedene Konzilien (insbesondere ab Nicaea I die sog. ökumenischen) einen entscheidenden Anteil hatten. Seit dem 5. Jahrhundert wurde der Pädobaptismus die Regel.

Im Zentrum des Vortrages sollen jedoch nicht die z.T. komplizierten Entwicklungen der konkreten Taufriten stehen. Vielmehr geht es um die sozialen und politischen Implikationen. Auch wenn die aktive Missionstätigkeit des spätantiken/frühbyzantinischen Kaisertums eher gering war, sieht man einmal von den Aktivitäten im Süden Ägyptens (Äthiopien, Nubien, Südarabien) ab. Aber Taufe und Christianisierung konnten auch Bestandteil einer aktiven Außenpolitik sein. Hunnenfürsten und Anführer anderer „Barbarenvölker“ ließen sich in Konstantinopel taufen (mit dem Kaiser als Taufpate) und wurden so in das römisch-byzantinische Bündnissystem integriert. Diese Praxis wurde über lange Jahrhunderte geübt (man denke nur an Vladimir den Heiligen und die „Taufe Rußlands“). Mit Nachdruck wird allerdings der Vorstellung von der „Familie der Könige“ widersprochen.

Die Taufe erleichterte seit dem 4. Jahrhundert maßgeblich eine zivile oder militärische Karriere. Allerdings muß die Christianisierung des römischen Staates als ein langwieriger Prozeß gesehen werden. Erst ab dem Ende des 6. Jahrhunderts scheinen die „Heiden“ keine Rolle mehr gespielt zu haben. Eine zunehmende Bedeutung kam indessen dem Phänomen der „geistigen Patenschaft“ zu, das bei der Formierung der Oberschichten immer wichtiger wurde.

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