Logo des 49. Historikertags 2012 Ressourcen und Konflikte

49. Deutscher Historikertag 2012: Ressourcen - Konflikte

Preserving cultures - nur wessen? Weltkulturerbe und geistiges Eigentum im Widerstreit

Referent/in: Isabella Löhr (Heidelberg)

Abstract:
Als die UNESCO Mitte der 1950er Jahre konkrete Überlegungen zum Schutz des Weltkulturerbes anstellte, hatte sich die Organisation bereits intensiv mit der Dinglichkeit von Kultur und der Frage beschäftigt, mit welchen Mitteln man diese gegenwärtigen und zukünftigen Generationen möglichst gut erhalten könne. Allerdings lag dieser Auseinandersetzung in eine ganz andere Stoßrichtung zugrunde als der Sorge um das Weltkulturerbe: 1952 hatte die UNESCO das erste weltweite Abkommen zum Schutz  privater Eigentumsrechte an Werken der Literatur, Kunst und Musik auf den Weg gebracht und damit die Rechte der Personengruppen gestärkt, die aus der Produktion und dem Vertrieb kultureller Güter einen wirtschaftlichen Nutzen zogen. Dieses sogenannte „Welturheberrechtsabkommen“ bereitete den heftigen Kontroversen den Boden, in denen während der folgenden Jahrzehnte um die Gewichtung zwischen privaten und allgemeinen Interessen und das Anrecht der Öffentlichkeit auf die Nutzung kultureller Werke gestritten wurde.

Der Beitrag geht den Spannungen auf den Grund, die sich ab den späten 1950er Jahren zwischen diesen zwei Programmlinien der UNESCO entfalteten: einerseits die offene Formel von der Menschheit, deren Interessen mit Hilfe des Welterbekonzeptes zu schützen seien, und andererseits die entgegengesetzte Logik, das kreative Individuum gegenüber einer allzu offenherzig rezipierenden internationalen Gemeinschaft verteidigen zu müssen. Der Beitrag zeigt, wie in diesen Auseinandersetzungen unterschiedliche Vorstellungen über die Rolle von Wissen und Kultur in einer globalisierten Lebenswelt kollidierten. Der Streit um die Legitimationsgrundlage der beiden Schutzlogiken bediente sich dabei der Begriffe Gemeinschaft, Individualität und Kultur, deren vermeintliche Universalität in dauerhaften Konflikt geriet mit der Dominanz westlicher Konzepte und Kulturindustrien als Hindernis für die kulturelle und wissenschaftliche Eigenständigkeit in außereuropäischen Ländern.

Kategorie: Neuere/Neueste Geschichte

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