Logo des 49. Historikertags 2012 Ressourcen und Konflikte

49. Deutscher Historikertag 2012: Ressourcen - Konflikte

Prekäre Güter: Juden als Heeres- und Münzlieferanten in der Frühen Neuzeit

Referent/in: Peter Rauscher (Wien)

Abstract:
In ihrer Analyse der jüdischen Hoffaktoren unterscheidet Selma Stern u.a. den „Kriegskommissar“ und den „Münzlieferanten“ als zwei von sechs Haupttypen von Hofjuden im 17. und 18. Jahrhundert. Selbst der Kaiserhof in Wien, der 1670 alle Juden aus der Residenzstadt hatte ausweisen lassen, konnte auf jüdische Heereslieferanten, allen voran Samuel Oppenheimer, und Distributoren von Münzmetall, wie etwa auf Marx Schlesinger, der gleichzeitig ebenfalls Kriegslieferant war, nicht verzichten.

Beide Tätigkeitsfelder waren zweifellos prekär: Jüdische Händler standen nicht nur wie in anderen Bereichen des Handels im Wettbewerb mit christlichen Kaufleuten, sondern sahen sich auch spezifischen Chancen und Risiken bei ihren Geschäften mit Kriegsgütern und Münzmetall ausgesetzt. In beiden Fällen wurde häufig die Qualität der Waren angezweifelt, was besonders im Münzwesen zum Vorwurf der Münzfälschung und entsprechenden rechtlichen Sanktionen führen konnte. Dieser Bedrohung standen zweifellos große Gewinnaussichten gegenüber, die beide Geschäftsfelder attraktiv machten.

Im Zentrum des Vortrags stehen vier Themenbereiche: Erstens das neuerdings angezweifelte wechselseitige Abhängigkeitsverhältnis von Fürstenstaat und jüdischen Kaufleuten besonders ab der Mitte des 17. Jahrhunderts; zweitens die Organisation der Heeres- und Münzgeschäfte durch Juden; drittens die christliche Konkurrenz, und viertens die Risiken, Gewinnmöglichkeiten und damit verbundenen Misserfolge bzw. Erfolge der ökonomischen Führungsschicht der Juden in Mitteleuropa.

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