Logo des 49. Historikertags 2012 Ressourcen und Konflikte

49. Deutscher Historikertag 2012: Ressourcen - Konflikte

Ökonomische Kommunikation zwischen Freundschaft und wirtschaftlicher "Rationalität"

Referent/in: Fabian Goldbeck (Berlin)

Abstract:
Die jahrzehntelange Diskussion über die zutreffende Beschreibung antiker Wirtschaft(en) und ihre Differenz zu Moderne, mithin die Debatten von „Modernisten“ und „(Neo-)Primitivsten“, scheinen seit einigen Jahren an einem „toten Punkt“ angelangt zu sein. Denn bei aller Skepsis gegenüber weitgehenden strukturellen (oder auch nur begrifflichen) Gleichsetzungen von moderner Ökonomie und vermeintlich vergleichbaren Entwicklungen z.B. in Hellenismus und römischer Kaiserzeit, wird zugleich nach wie vor die hohe Komplexität und Leistungsfähigkeit gerade der Wirtschaft dieser Zeiten betont.

Die Systemtheorie Niklas Luhmanns steht zu dieser Dichotomie gleichzeitig parallel und quer: Sie betont unmissverständlich die radikale Unterschiedlichkeit der modernen Gesellschaften, in denen eine funktionale (Aus-)Differenzierung stattgefunden habe, die zuvor, d.h. in stratifizierten Gesellschaften wie der Antike, nicht gegeben gewesen sei. Allerdings begründet und beschreibt Luhmann die Differenz zwischen vormoderner und moderner Wirtschaft anders, nämlich als Etablierung eines abgegrenzten Teilsystems, das auf der Basis des Kommunikationsmediums „Geld“ und mittels des binären Codes von „Zahlung/Nichtzahlung“ eigengesetzlich operiere.

Vor diesem Hintergrund kann in zwei Richtungen gefragt werden: Einerseits kann die Überzeugungskraft des Luhmann'schen Theoriegebäudes hinterfragt werden, also die Behauptung, die Ausdifferenzierung eines Teilsystems „Wirtschaft“ sei der Antike als einer stratifizierten Gesellschaft „unbekannt“ gewesen. Andererseits kann untersucht werden, ob sich für das Problem, den spezifischen Charakter antiker Wirtschaft aus Sicht der Moderne adäquat zu beschreiben, neue Gesichtspunkte ergeben. Gewissermaßen als Fallbeispiel wird die Zeit der späten Republik und der römischen Kaiserzeit herangezogen, weil hier die scheinbar „modernen“ Aspekte antiker Wirtschaft ebenso zutage treten wie die „Verschränkung“ ökonomischen Handelns mit scheinbar „irrationalen“ Gesichtspunkten wie Freundschafts- und anderen Nahbeziehungen.

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