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49. Deutscher Historikertag 2012: Ressourcen - Konflikte

Fremde Teufel. Zur Geschichte des Okzidentalismus in China

Referent/in: Thoralf Klein (Loughborough)

Abstract:
In meinem Beitrag diskutiere ich anhand des Begriffs ‚fremde Teufel‘ (oder richtiger: ‚fremde Dämonen‘), wie im Zeitalter des Imperialismus in China der ‚Westen‘ (Europa und Nordamerika) als ein Anderes konstruiert wurden. Dieses Othering war nicht allein Ausdruck der chinesischen Machtlosigkeit in der Konfrontation mit dem Fremden, sondern wurzelte zugleich in einer älteren sinozentrischen Perspektive. Trotz oder vielleicht gerade wegen seiner alltagssprachlichen Häufigkeit war der Zeichencharakter der Bezeichnung ‚fremde Dämonen‘ eher schwach ausgeprägt. In Texten und visuellem Material aus dem späten 19. Jahrhundert gewinnt er seine Prägnanz nur im Zusammenwirken mit anderen Zeichen und dient in dieser Form vor allem der Auseinandersetzung mit der christlichen Mission. Auch die Agitation der Boxerbewegung von 1898-1900 bettete die Dämonisierung ‚westlicher‘ Ausländer in breitere religiöse Konzepte ein, erweiterte aber das Feindbild um westliche Technologien. Im frühen 20. Jahrhundert wandelte sich der Kontext, in dem der Begriff ‚fremde Teufel‘ wirksam werden konnte, von Grund auf. Während er zunächst noch von chinesischen Nationalisten zur Aufrüttelung der chinesischen Bevölkerung verwendet wurde, verlor er sich zunehmend in einer neuen politischen Rhetorik, von der die sich formierende politisch-soziale Öffentlichkeit geprägt wurde. Maßgebend wurden jetzt anti-imperialistische Konzeptionen, die selber großenteils ‚westlichen‘ Ursprungs waren. Der diskursive Kontext anti-‚westlicher‘ Dämonologie reflektiert somit den fundamentalen, aus der Auseinandersetzung mit dem ‚Westen‘ entsprungenen kulturellen Wandel in China.

Kategorie: Neuere/Neueste Geschichte

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