Logo des 49. Historikertags 2012 Ressourcen und Konflikte

49. Deutscher Historikertag 2012: Ressourcen - Konflikte

Einführung. Orte, Narrative, Reden und Schweigen über Menschenhandel

Referent/in: Ludolf Pelizaeus (Mainz)

Abstract:
Der Menschenhandel ist als ein illegales oder doch bestenfalls mit negativen Konnotationen verbundenes geduldetes Gewerbe umrankt von Narrativen. Die zentrale Zielsetzung war dabei einerseits die Herstellung einer Begründung für sein Tun, andererseits die Unterstützung bei der Erlangung der erforderlichen finanziellen Mittel. Somit findet sich der Menschenhandel zwischen zwei Erzählsträngen. Einmal jenem, der in der jeweils anderen Seite den „barbarischen Menschenhändler“ sieht, andererseits damit untrennbar verbunden, der Appell an die Mitmenschen, Geld für die Befreiung von Gefangenen aus eben jenen Händen „barbarischer“ Anderer locker zu machen. Dies führte dazu, dass ein humanitärer Diskurs entwickelt wurde, präsent in Predigten, Literatur, Flugschriften und besonders öffentlich zelebrierten Auftritten von rückkehrenden Gefangenen. Dieses „Reden“ kontrastiert auch stark mit dem „Schweigen“, welches verbunden war mit der jeweils eigenen Beteiligung am Menschenhandel. Im städtischen Raum nun finden sich beide Pole in großer Dichte. Jener der Kanzel, der öffentlichen Plätze, wo über den „barbarischen“ Handel der „Anderen“ gesprochen wurde, während am Hafen andererseits der Menschenhandel betrieben, gleichzeitig aber verschwiegen wurde.

Strukturierend für die Sektion soll mit vier Leitfragen gearbeitet werden, um jenes Phänomen, welches von Salé in Marokko bis auf die Krim und von Island bis nach Tunis im „großen“ europäischen Zusammenhang reichte, verständlich und vergleichbar betrachten zu können:

1. Wie wurde Menschenhandel legitimiert und dargestellt? Worüber wurde gesprochen, was wurde verschwiegen?
2. Welche Rolle nahm der Raum „Stadt“ ein? Welche Zonen der Stadt hatten eine herausragende Rolle? Gab es spezielle „Räume des Menschenhandels“ in der Stadt?
3. Wie werden Körper dargestellt und beschrieben? Welche Genderattribute finden Verwendung?
4. Welche Veränderungen in militärischer, wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht brachte der Menschenhandel mit sich?

Nach vier Vorträgen, welche beispielhaft die Situation umreißen, folgen zwei Ausführungen, die eher einen Kommentarcharakter besitzen und den Umgang an Schule und Universität mit dem Thema aufgreifen sollen.

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