Logo des 49. Historikertags 2012 Ressourcen und Konflikte

49. Deutscher Historikertag 2012: Ressourcen - Konflikte

Einführung: Historische Wissensressourcen in Vergangenheit und Zukunft

Referent/in: Johannes Fried / Klaus Herbers

Abstract:
Die Regesta Imperii  sind ein international verankertes Quellenwerke zur deutschen und europäischen Geschichte des Mittelalters. Sie verzeichnen sämtliche urkundlich, chronikalisch oder sonstwie faßbaren Aktivitäten der römisch-deutschen Könige und Kaiser von der Karolingerzeit bis zum Beginn der Neuzeit (751-1519) sowie der Päpste des frühen und hohen Mittelalters in Form chronologisch angeordneter „Regesten“ (= abstracts). Über diese deutschsprachigen Zusammenfassungen hinaus referieren sie den aktuellen Stand der Forschung incl. der wissenschaftlichen Literatur. Die Deutsche Kommission für die Bearbeitung der Regesta Imperii e.V. bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur mit Zentrum in Mainz und ihre Schwesterunternehmungen an den Akademien in Wien und Berlin betreuen aktuell 15 Teilprojekte, in Deutschland an sieben Arbeitsstellen. Alle Forschungsergebnisse werden nahezu zeitgleich mit den weiterhin gedruckten Neuerscheinungen in die Online-Regesten des Internet-Portals www.regesta-imperii.de eingepflegt. Dieses open access-Portal bietet außerdem noch „Die Literaturdatenbank zum Mittelalter“ (RI OPAC), eine der weltweit leistungsfähigsten Recherchetools zum gesamten mediävistischen Fachspektrum mit derzeit rund 1,5 Million Titelnachweisen.

Diese Form kommunikativer Öffnung entspricht dem Bedürfnis aller längerfristigen, vielfach an den Wissenschaftsakademien angesiedelten Unternehmungen der historischen Grundlagenforschung, ihren Diskurs mit Nutzern und Anwendern zu intensivieren und sogar in der Öffentlichkeit breitere Resonanz zu evozieren. Mittels der Deutung des Titelbegriffs „Wissen“ als symbolisches Kapital und der überbordenden Spiegelung historischer „Konflikte“ in den „Regesta Imperii“ dem Thema des Historikertags entsprechend, kreist die Sektion um die Frage, auf welche Weise das Traditionsunternehmen Regesta Imperii den zukünftigen Erfordernissen und Herausforderungen der modernen Mediävistik bestmöglich gerecht werden kann. Die drei Vorträge werden sich deshalb erwartungsgemäß mit zentralen Aspekten der europäischen Geschichte befassen, wie diese sich im Rahmen der deutschen Geschichte spiegelt. Sie stehen aber zugleich für die mehrteilige modulare Zukunftsplanung der deutschen Regestenkommission ab 2016, welche bei dieser Gelegenheit zur Diskussion gestellt wird. Geplant ist, die Regesta Imperii im Rahmen der Bund-Länder-Förderung in drei bis vier modularen Konglomeraten oder „Säulen“ weiterzuführen. Die erste Säule repräsentiert mit den „Herrscher- und Papstregesten Europas zur Karolingerzeit“ das frühe, und die zweite mit den „Salierzeitlichen Kaiser- und Papstregesten“ das hohe Mittelalter. Das Spätmittelalter konkretisiert sich in den drei laufenden Teilprojekten zu Heinrich VII., Ludwig dem Bayern und Friedrich III., welche erfolgreich abgeschlossen werden müssen und zu diesem Zweck ein neuartiges gemeinschaftliches Recherchekonzept für die Kaiserurkunden in Italien praktizieren wollen. Unter Umständen können in der Diskussion auch Grundzüge der weit gediehenen Planung eines europäischen Verbundprojekts zu den Luxemburgern vorgestellt werden, welches außérhalb der Akademienförderung realisiert werden soll. Alle Module sollen drei allgemeine Leistungsmerkmale erfüllen: Erstens sollen die einzelnen territorialen, auch die regionalen Bestandteile des fränkischen bzw. des römisch-deutschen Reiches und dessen europaweite Beziehungen noch breiter und intensiver erschließen als bisher. Dort, wo unsachgemäße Verkürzungen Platz gegriffen haben oder gar noch germanozentrische Engführungen des 19. Jahrhunderts fortgeschleppt werden sollten, soll der Blick sachgerecht geweitet und auch die einschlägigen Überlieferungen benachbarter Reiche und Bestandteile des mittelalterlichen Orbis christianus berücksichtigt werden. Zweitens wird in noch höherem Maße als bisher darauf abgestellt, den Nutzern zusätzlich zur Druckausgabe digitale Publikationsformen zur Verfügung zu stellen. Und drittens wollen sich die Regesta Imperii durch diese Neuperspektivierung künftig noch stärker im internationalen Forschungskontext positionieren.

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