Logo des 49. Historikertags 2012 Ressourcen und Konflikte

49. Deutscher Historikertag 2012: Ressourcen - Konflikte

Ein Anwalt der Opfer? Der Jüdische Weltkongress und das Problem jüdischer Interessenvertretung bei den Nürnberger Prozessen

Referent/in: Laura Jockusch

Abstract:
Die Forschung zu den Nürnberger Prozessen hat sich bereits umfassend der Frage gewidmet, wie weit die Alliierten den Holocaust berücksichtigten, doch sind sowohl die Rolle jüdischer Akteure bei den Prozessen als auch die Bedeutung der Verfahren für Holocaustüberlebende bislang kaum beachtet worden.

Dass nur wenige jüdische Zeugen zu Wort kamen und keine offizielle jüdische Delegation die Anwaltschaft für Ermordete und Überlebende übernahm, stützt die vereinfachte Sicht, Juden hätten zwar als Opfer der "Endlösung" in Nürnberg eine Rolle gespielt, seien aber keine aktiven Teilnehmer gewesen. Dabei halfen jüdische Akteure als Dolmetscher, Gefängnispsychologen, Vernehmungsbeamte, Rechtsanwälte oder Journalisten bei Vorbereitung und Durchführung der Prozesse und die Ereignisse im Justizpalast fanden bei den ca. 300.000 in Deutschland lebenden jüdischen Überlebenden großes Interesse. Der Jüdische Weltkongress bemühte sich zudem, eine offizielle jüdische Vertretung durchzusetzen, was die Alliierten jedoch nicht unterstützten.

Der Vortrag widmet sich den Versuchen des Weltkongresses, als Anwalt eines nichtstaatlichen jüdischen Kollektivs aufzutreten und analysiert seine Strategien und Interventionsmöglichkeiten vor dem Hintergrund der alliierten Entscheidung, eine offizielle jüdische Delegation abzulehnen, an der Verbindung zwischen "Verbrechen gegen die Menschheit" und "Kriegsverbrechen" festzuhalten und somit nur nach Kriegsbeginn verübte Verbrechen zu ahnden.

Kategorie: Neuere/Neueste Geschichte

Anzeigen