Logo des 49. Historikertags 2012 Ressourcen und Konflikte

49. Deutscher Historikertag 2012: Ressourcen - Konflikte

Der "Rechtsfriede". Völkerrecht, Politik und Legitimität im Streit um den Versailler Vertrag bis zum Zweiten Weltkrieg

Referent/in: Marcus M. Payk

Abstract:
In der Geschichte der Pariser Friedensordnung von 1919/20 wurden völkerrechtliche und juristische Aspekte bislang meist ignoriert oder als Begleiterscheinung zwischenstaatlicher Macht- und Interessenpolitik bagatellisiert. Im Gegensatz dazu wird hier die These vertreten, dass die Konkurrenz unterschiedlicher Normen und Legitimationsressourcen für die Auseinandersetzung um den Pariser „Rechtsfrieden“ von vergleichbar hoher Bedeutung war wie die umstrittenen Inhalte oder die Entstehungsgeschichte.

Der Vortrag rekonstruiert anhand des Friedensvertrages von Versailles den Stellenwert des Völkerrechts im außenpolitischen Handlungsrepertoire und in öffentlichen Debatten einerseits, die politische Rolle der disziplinären Völkerrechtswissenschaft andererseits. Die Interaktion politischer und juristischer Argumente wird für drei Felder untersucht: (1.) für die Debatten der Politiker, Diplomaten und Juristen der Siegermächte auf der Friedenskonferenz im Frühjahr 1919; (2.) im Rahmen der Weimarer Friedensstrategie und Erfüllungspolitik in den 1920er Jahren; (3.) schließlich als Teil der nationalsozialistischen Revisionsbestrebungen von 1933 bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Insgesamt wird die Überlegung verfolgt, dass anstelle einer eindeutigen Entgegensetzung von Politik und Recht vielmehr Überkreuzungen und wechselseitige Abhängigkeiten zu beobachten sind. Auch wenn der Gebrauch rechtlicher Argumente beispielsweise nach politischen Opportunitätserwägungen variierte, konnten sich daraus Bindungswirkungen und unerwartete Folgewirkungen ergeben, welche den Raum und die Möglichkeiten der politischen Entscheidung neu konstituierten.

 

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