Logo des 49. Historikertags 2012 Ressourcen und Konflikte

49. Deutscher Historikertag 2012: Ressourcen - Konflikte

Das Kurfürstenkolleg oder: Von der Organisation politischer Entscheidungen bei knappen Ressourcen

Referent/in: Joachim Schneider (Mainz)

Abstract:
Wovon hängen der Preis einer Wähler-Stimme und der Verlauf des Stimmenkaufs bei Wahlen ab? Hier spielen im engeren Sinne materielle Dispositionen (das Vorhandensein von Ressourcen), die Zahl der Wähler wie auch der Bewerber, persönliche Konstellationen zwischen den Beteiligten, aber auch Einschätzungen über die Legitimität des Stimmenkaufs und die Angemessenheit des Einsatzes von Ressourcen in diesem Zusammenhang eine Rolle.

Diese zunächst gewissermaßen „überzeitlich“ entwickelten Überlegungen werden in den Kontext der Königswahlen im römisch-deutschen Reich des 13. und 14. Jahrhunderts eingebracht. Die Ressourcen, die man bereit war, in eine Wahl zu investieren bzw. für die man bereit war, einen Bewerber auch zu wählen, wurden in ihrer Funktion für Ausbildung und Praxis von Kurkolleg und Wahlverfahren noch nie eingehender diskutiert. Als Fallbeispiele sollen hier besonders die Doppelwahl von 1257, sodann die Wahl Karls IV. von 1346 und die Wenzels von 1376 im Fokus stehen.

Ausgangspunkt der Überlegungen ist dabei, dass eine Begrenzung der Zahl der Wähler dazu führt, dass Kosten und Nutzen finanzieller Angebote überschaubar bleiben und einen Wahlvorgang kanalisieren können. Für das 13. Jahrhundert spielen Zeugnisse über besonders bevorrechtigte Wähler bei der deutschen Königswahl und die generelle Ökonomisierung von Politik und Herrschaft eine wichtige Rolle für die Argumentation. Dazu kommt die Überlegung, dass Wähler, die gegenüber Prinzipalwählern nachgeordnet sind, nur geringe Chancen haben, „angemessene“, mit den Vor-Wählern vergleichbare Angebote für ihre Stimme zu erhalten und das Interesse an einer Wahl schnell verlieren dürften.

Der Beitrag läuft auf den Vorschlag hinaus, den bisher vor allem phänomenologisch-gewohnheitsrechtlich bzw. verfassungs- und politikgeschichtlich argumentierenden Erklärungshypothesen für die Herausbildung des Kurkollegs bzw. für das geringe Interesse an der Königswürde im 13. Jahrhundert eine „ressourcengeschichtliche“ Erklärungshypothese an die Seite zu stellen, die allerdings nicht nur im engeren Sinne ökonomisch, sondern auch anthropologisch argumentieren sollte.

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