Die Abstracts der Sektionen wurden aktualisiert

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Der Berichtsband erscheint voraussichtlich im Sommer 2009. Wir werden Sie an dieser Stelle weiterhin informieren.
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Politisch-kulturelle Ungleichheiten im Spannungsverhältnis zwischen ‚Orient’ und ‚Okzident’

Leitung: Sitta von Reden, Augsburg

 

  1. Politisch-kulturelle Ungleichheit aus östlicher Sicht: Rum und Iran in der 'Iranischen Nationalgeschichte'
    Referent/in: Josef Wiesehöfer, Kiel
  2. Herrscher- und Dynastiekult in griechisch-makedonischer Perspektive
    Referent/in: Gregor Weber, Augsburg
  3. Isis – Aphrodite – Arsinoe: Zur machtpolitischen Bedeutung eines mythologischen Komplexes
    Referent/in: Sitta von Reden, Augsburg
  4. Herrscher- und Dynastiekult in ägyptischer Perspektive
    Referent/in: Stefan Pfeiffer, Trier
  5. Der Orient in Rom: Das Fremde im Zentrum der Macht
    Referent/in: Rolf Schneider, München
Abstract zur Sektion

Die moderne Konzeptualisierung von Ungleichheit geht bewußter- und unbewußtermaßen von den Gleichheitsdiskursen des frühen Liberalismus aus. “When all is reckoned together, the difference between man and man is not so considerable as that one man can thereupon claim to himself and benefit, to which another may not pretend” (Hobbes Leviathan [1651]). Diese oder ähnliche Feststellungen können für die Antike nicht vorausgesetzt werden. Da die Ursprünge von Ungleichheiten im allgemeinen als natürlich gegeben konstatiert wurden, bewegten sich auch die Konsequenzen für politisch-soziale Ordnungen in einem anderen Rahmen. Selbst das wohl bedeutendste Konstrukt politischer Gleichheit, die athenische Demokratie, basierte auf der Wahrnehmung und Fortschreibung grundlegender sozialer und politischer Ungleichheiten, die nicht hinterfragt wurden – insbesondere und nicht zufällig zwischen Bürgern und Nichtbürgern. Ganz fern lag darüber hinaus jedes moralische Urteil über ungleichen Zugang zu sozialen Gütern oder Privilegien. Vor diesem Hintergrund müssen nicht nur - bestimmte Ungleichheiten quasi vorraussetzend - ihre Bedingungen und Konsequenzen betrachtet, sondern zunächst einmal die Bildung von Ungleichheitskonzepten und verschiedene Formen des Umgangs damit ins Auge gefaßt werden.

Die Beiträge der hier beantragten Sektion zum 47. Deutschen Historikertag in Dresden wollen daher zunächst die Frage nach der Konzeptualisierung und Darstellung von Ungleichheiten im Umgang mit kulturellen Grenzen stellen. Im Mittelpunkt steht das kulturelle Spannungsverhältnis zwischen ‚Orient und Okzident’, oder besser gesagt zwischen den Hochkulturen Vorderasiens einschließlich Ägyptens auf der einen Seite und Griechenland und Rom auf der anderen Seite. Dieses Spannungsverhältnis, das sich dem modernen Betrachter geradezu zwangsläufig für die Untersuchung von Ungleichheitswahrnehmungen anbietet, zeigt sich als höchst wandelbares Konstrukt: Der vielbeschriebene Barbarendiskurs des imperialen Athen war ebenso kurzlebig wie regional begrenzt; und signifikanter Weise war Aeneas, der Gründer Roms, mythologisch gesehen ein Orientale.
Imperiale Expansion schafft Konflikte, in denen die kulturellen Auseinandersetzungen mit anderen Ordnungen neue soziale und politische Dimensionen erhalten. Ungleichheiten werden in diesem Zuge konstituiert, manipuliert und außerdem in einen großen legimitatorischen Zusammenhang gestellt. Öffentliche Szenarien wie Triumphzüge, Feste, Formensprache in der materiellen Kultur, aber auch Mythologien und ihre Transformation sind dabei typische Vermittlungsformen neuer Grenzziehungen und ihrer Überwindung. Insofern die unterworfenen Kulturen hier überhaupt erscheinen, werden sie zunächst einmal appropriiert und integriert, gleichzeitig aber auch als verschieden vor Augen geführt. Von dieser integrierenden Unterscheidung hin zur Zwangsläufigkeit ungleicher Behandlung ist es nur noch ein kleiner Schritt. Für die militärische Begegnung Griechenlands und Roms mit den östlichen Hochkulturen tritt verkomplizierend hinzu, daß Beherrschung hier gleichzeitig die Beherrschung älterer und für die eigene als ursprünglich betrachteter Kulturen bedeutete.

In den okkupierten Gebieten selbst werden Ungleichheiten über militärische Präsenz, Sprache, Währungs- und Verwaltungssysteme, aber auch soziale Anreizstrukturen und ‚Propaganda’ vermittelt. Im hellenistischen Osten sind wesentliche Elemente der Verhandlung von Ungleichheiten der Herrscher- und Dynastiekult sowie der Fokus auf neue Herrschaftszentren. Der Vorgang des Rituals sowie die Bildhaftigkeit mythologisch überhöhter Prozessionen in den Metropolen sind dabei besonders subtile, da integrierende und mit Zustimmung rechnende Medien ihrer Vermittlung. Sie sind Kennzeichen und zugleich Quelle für einen Perspektivenwechsel in einem sozialen Gefüge, das neue Konflikt- und Spannungsverhältnisse verarbeiten muß. Von Interesse ist auch die Frage nach den Initiatoren und Trägern dieser Prozesse: Es ist nämlich keineswegs ausgemacht, daß ausschließlich Vorgaben der Zentren ‚von oben nach unten’ umgesetzt wurden. Die politischen und kulturellen Prozesse boten ihrerseits die Chance, auf zweifellos vorhandene Vorgaben kreativ, d.h. im Sinne der eigenen Identität modifizierend zu antworten.

In der Sektion sollen fünf Vorträge vereinigt werden. Zwei beziehen sich auf das Verhältnis zwischen Rom und Vorderasien aus unterschiedlicher Perspektive und in unterschiedlichen historischen Situationen. Drei weitere sind als Trilogie dreier etwas kürzerer Vorträge konzipiert, in denen die integrierende bzw. hierarchisierende Funktion des gräko-ägyptischen Herrscherkultes aus verschiedenen innerägyptischen Sichtweisen beleuchtet wird. Diese Struktur soll eine gewisse thematische Konzentration aber gleichzeitig auch Vielfalt der Perspektiven und chronologischen sowie geographischen Bandbreite gewährleisten. Rein technisch gesehen, wäre eine kurze Pause nach den ersten drei Vorträgen, also innerhalb des mittleren Dreierblocks, vorteilhaft.

Vorträge Epoche
Herrscher- und Dynastiekult in griechisch-makedonischer Perspektive Alte Geschichte
Isis – Aphrodite – Arsinoe: Zur machtpolitischen Bedeutung eines mythologischen Komplexes Alte Geschichte
Herrscher- und Dynastiekult in ägyptischer Perspektive Alte Geschichte
Der Orient in Rom: Das Fremde im Zentrum der Macht Alte Geschichte